Der Betriebsrat von ArcelorMittal deckte Missstände im Stahlwerk Bremen auf und sorgte dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen bei Fremdfirmen deutlich verbessert haben. Es gab eine Zeit auf der Hütte bei ArcelorMittal in Bremen, da hatten Beschäftigte von Fremdfirmen einen deutlich schlechteren Stand. Sie mussten länger arbeiten, manchmal in Doppelschichten. Es gab keine Pausenräume für sie und die Persönliche Schutzausstattung war ein Witz. Statt Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen trugen die Werkverträgler Turnschuhe. Sie trugen ein viel höheres Risiko, dass ein Arbeitsunfall sie treffen konnte.
Die Missstände fielen auch der Stammbelegschaft und dem Betriebsrat auf. Sie fingen an, die Schwachstellen systematisch zu durchleuchten. Auf einer Betriebsversammlung vor zwei Jahren legte der Betriebsrat ein akribisches Zahlenwerk vor. Darin wurde deutlich, dass die Werkvertragsbeschäftigten auf der Hütte oft Stunden kloppen mussten ohne Ende. Sie arbeiteten häufig länger als gesetzlich erlaubt. Ein Skandal und eine Gefährdung für die Arbeitssicherheit im Werk, fanden die Betriebsräte. Der Arbeitgeber reagierte überrascht und zog die Zahlen zunächst in Zweifel. Doch die Betriebsräte hatten die Fakten solide recherchiert. Die Grundlage der Statistik bildeten die erfassten Ein- und Ausgangszeiten am Werkstor, auf die der Betriebsrat Zugriff hat.
Um den Vorstand davon zu überzeugen, dass er die Bedingungen für Werkvertragsbeschäftigte verbessern müsse, argumentierte der Betriebsrat mit der allgemeinen Arbeitssicherheit. „Wenn diese Leute hier auf dem Werksgelände zu lange arbeiten, stellen sie auch ein Sicherheitsrisiko für unsere eigenen Kollegen dar “, erläutert der Betriebsratsvorsitzende Klaus Hering. „Wenn zum Beispiel ein Lkw-Fahrer hier auf der Hütte zwölf Stunden fährt, ist er für alle ein Unsicherheitsfaktor. Deswegen sind deren Arbeitszeiten sehr wohl auch unser Bier. “
Auch bei ihren regelmäßigen Begehungen der Werkstätten der Fremdfirmen auf dem Hüttengelände nehmen Betriebsratsmitglieder die Arbeitssicherheit inzwischen genau unter die Lupe. „Unsere Kollegen haben eine einfache Checkliste dabei “, berichtet Klaus Hering. Die Betriebsräte achten auf Optik, Sauberkeit und Ordnung. Ist die Persönliche Schutzausstattung der Kollegen auf einem modernen Stand? Was haben die Mitarbeiter an? Gibt es Sicherheitsschuhe, Helme? Die Sozialräume sind auch ein wichtiger Faktor, weil die einen Eindruck davon vermitteln, wie die Belegschaft wertgeschätzt wird.
Als die Hütte vor einiger Zeit einen Werkvertrag mit einer Firma schließen wollte, die dafür bekannt war, es mit der Sicherheit nicht so genau zu nehmen, schlug der Betriebsrat Alarm. Die Fremdfirma bekam den Vertrag nur unter Vorbehalt. Um ihr Image aufzubessern und den Auftrag dauerhaft zu sichern, zeigte sie sich offen für eine Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Einige Missstände wurden abgestellt, neue Fahrzeuge gekauft und die Sozialräume verbessert.
Für Klaus Hering ist gerade das Thema Arbeitsschutz der zentrale Hebel, bei dem der Betriebsrat etwas für die Werkvertragsbeschäftigten tun kann. Den Arbeitgeber gezielt mit kritikwürdigen Zuständen zu konfrontieren sei eine Taktik, die auch Betriebsratskollegen aus Unternehmen anwenden könnten, die keine Mittel für eine aufwendige Aktion wie die Datensammlung zur Arbeitszeit haben. „Jeder Betriebsrat kann in seinem Bereich nachsehen, ob ihm bei Fremdfirmen etwas unsicher erscheint. Wieso nicht einfach ein Foto von Missständen machen und den Vorstand fragen, was er von dieser Situation hält und ob sie aus seiner Sicht angemessen für die Arbeit auf dieser Hütte ist? Da möchte ich den Vorstand sehen, der sagt, dass ihm das egal ist.“