Die Zeit drängt, entschlossenes Handeln ist gefragt: Bundesregierung und Unternehmen müssen nun rasch konkrete Schritte auf dem Weg zur klimaneutralen Industrie gehen – und dabei Sicherheit im Wandel für die Beschäftigten gewährleisten. Das betonte Jörg Hofmann auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt. „Uns läuft die Zeit davon“, sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall. „Wir müssen gleichzeitig die Pandemie und die Transformation unserer Industrie bewältigen. Beides sind gewaltige Herausforderungen, die schnelles und entschiedenes Handeln fordern.“
Das Ziel müsse es sein, dort neue nachhaltige Arbeitsplätze durch Investitionen zu schaffen, wo Wertschöpfung sich verändert. Hofmann: „Mit der dunklen Triade aus Abbauen, Schließen, Verlagern werden wir die Transformation in Deutschland nicht meistern. Wenn Deutschland starkes Industrieland bleiben will, muss massiv in die Zukunft, auch die der Beschäftigten, investiert werden.“ Der IG Metall-Vorsitzende rief die Unternehmen auf, das 2021 durchgesetzte Mittel der Zukunftstarifverträge zu nutzen: „Nur wer frühzeitig mit seinen Beschäftigten einen Plan entwirft, hat auch eine Zukunft.“
„Dort, wo heute die Wirtschaft blüht, dürfen keine industriellen Wüsten entstehen,“ warnte Hofmann. „Erfolg und Misserfolg der Transformation entscheidet sich aus Sicht der Beschäftigten in den Regionen, in denen sie leben.“ Eine aktive regionale Strukturpolitik, die Förderung von regionalen Transformationsnetzwerken, neue arbeitsmarktpolitische Instrumente wie das Transformationskurzarbeitergeld und der Anspruch auf bezahlte Bildungsteilzeit sind aus unserer Sicht zentrale Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wandel. „Arbeitsplätze und Unternehmen werden sich teilweise dramatisch verändern. Jedem Beschäftigten eine klare Perspektive auf gute Arbeit, gute Industriearbeit, in der Transformation zu geben – das ist unser erklärtes Ziel. Wir brauchen dieses neue Sicherheitsversprechen, denn Transformation geht nur mit, nicht gegen die Beschäftigten. Hier werden wir Unternehmen und Politik weiter fordern“, so Hofmann.
Gelingen könne diese Transformation nur mit gelebter betrieblicher Demokratie, sagte Christiane Benner. Die Zweite Vorsitzende der IG Metall rief die Unternehmen auf, die im Frühjahr anstehenden Betriebsratswahlen zu unterstützen: „Transformation im Sinne der Beschäftigten geht nur mit einer starken Mitbestimmung.“ Gleichzeitig forderte Benner die Bundesregierung auf, das Betriebsverfassungsgesetz rundzuerneuern, das zuletzt 1972 grundlegend reformiert wurde. „Unsere Kernforderung lautet: Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen müssen die strategische Ausrichtung der Unternehmen und Betriebe mitgestalten können. Auch durch mehr Mitbestimmung bei Qualifizierung.“
Wir selbst sind als IG Metall stabil durch das zweite Corona-Krisenjahr 2021 gegangen: Weiterhin verzeichnen wir 2,2 Millionen Mitglieder und wegen Kontaktbeschränkungen und fehlender Neueinstellungen der Unternehmen nur ein leichtes Minus von 2,1 Prozent. Die Metall- und Elektroindustrie baute dagegen im gleichen Zeitraum 2,4 Prozent ihrer Stellen ab.
Keinen Rückgang gab es bei den Einnahmen: Die Mitgliedsbeiträge liegen bei 592 Millionen Euro – etwas mehr als im Vorjahr. „Trotz Pandemie stehen wir finanziell gut da. Wir wirtschaften solide. Keine politische Aktion, kein Streik wird am Geld scheitern“, so das Fazit von IG Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner.
Entscheidende Weichen für den Wandel von Branchen werden in diesem Jahr gestellt, betonte Kerner, der auch die Branchenkoordination der IG Metall verantwortet: „Insbesondere bei Luftfahrt-, Bahn- und Stahlindustrie entscheidet sich 2022, ob die Transformation gelingt“, so Kerner. „Wir wollen Deutschland zum Drehpunkt modernster Bahn- und Infrastrukturtechnologie und zum Taktgeber der CO2-neutralen Luftfahrt machen.“ Für die Stahlindustrie sei ein Transformationsfonds von zehn Milliarden Euro bis 2030 nötig.