Wilfried Kurtzke: Angeblich hält die Regierung mit ihren Corona-Hilfsmaßnahmen Betriebe künstlich am Leben. Die Idee ist, dass solche „Zombies“ dann den eigentlich notwendigen Strukturwandel bremsen. Deshalb kritisieren diese Ökonomen zum Beispiel die Verlängerung der Kurzarbeit auf 24 Monate. Im Grunde sagen sie: Lasst die Firmen lieber Pleite gehen, dann schauen wir mal, ob etwas Neues entsteht.
Sie ist völlig falsch. Es gibt dafür keine Belege. Firmen einfach Pleite gehen zu lassen, hilft beim Strukturwandel kein bisschen. Wer insolvent ist, kann sich nicht mehr wandeln, kann keine neuen Produkte mehr entwickeln. In der Coronakrise hat die Bundesregierung die Wirtschaft in ein künstliches Koma versetzt. Es hilft nicht, jetzt einfach zu sagen: Wer das nicht verkraftet, muss weichen. Bei solchen Rosskuren bleiben auch gesunde Unternehmen auf der Strecke. Aber gerade in diesen Firmen findet Innovation statt. Im Ergebnis wandert dann Produktion ins Ausland. Und was einmal weg ist, ist weg.
Die Arbeitslosigkeit würde schnell dramatisch steigen. Das sehen wir in den USA, wo es keine Kurzarbeit gibt. Das amerikanische „Hire and fire“ ist kein Modell zur Krisenbewältigung. Neueinstellungen gibt es in der Krise kaum. Kurzarbeit dagegen verhindert Massenentlassungen und sichert Kaufkraft. Das stabilisiert die wirtschaftliche Entwicklung, hält Fachkräfte in den Betrieben und erleichtert damit auch den Strukturwandel.
Strukturwandel ist mit Brüchen verbunden, die muss man abfedern: Mit Kurzarbeit, mit Finanzhilfen, mit Qualifizierung. Wandel gelingt am besten, wenn wir ihn begleiten. Dafür steht die IG Metall.
Es kann zu Mitnahmeeffekten kommen. In geringem Ausmaß subventioniert die Regierung durch die Kurzarbeit auch profitable Unternehmen. Aber diese Effekte muss man in Kauf nehmen, weil die Kurzarbeit volkswirtschaftlich so sinnvoll ist.