Sie lernen hier Industrie 4.0. Die Auszubildenden in der Digitalisierungswerkstatt von Siemens Professional Education (SPE) in Berlin konstruieren komplette automatisierte und vernetzte Anlagen. Sie nutzen 3D-Drucker und verbauen Sensoren, die Werkstücke erkennen und Daten übermitteln. Dabei müssen sie den kompletten Prozess gestalten ― vom Auftragseingang bis zur Auslieferung und Rechnungslegung. So wie es in der digitalisierten Fabrik der Zukunft sein wird.
In der Digitalisierungswerkstatt von Siemens Professional Education in Berlin konstruieren Auszubildende im Team vernetzte Anlagen. Foto: Siemens AG Pressefoto
„Wir haben dort Aufgaben bekommen, die wir gemeinsam im Team umsetzen sollten. Beispielsweise haben wir eine Abfüllanlage mit Steuerung über Tablets programmiert und eingerichtet“, erklärt Mechatroniker Erik Illgner. „Die Ausbilder halten sich möglichst heraus und sind mehr Coaches, die uns unterstützen.“
Seit gut zwei Jahren richtet Siemens die Ausbildung auf die digitalisierte berufliche Zukunft aus, mit einem konzernweiten Strategieprojekt. Dabei geht es nicht nur um die Technik ― sondern auch um persönliche Kompetenzen, Selbständigkeit und ganzheitliches Denken. Genau das findet Olaf Bolduan, Betriebsratsvorsitzender des Siemens-Dynamowerks in Berlin entscheidend ― noch vor der Technik. „Bei aller Digitalisierung kommt es am Ende doch auf den Menschen an. Wir brauchen Beschäftigte, die selbständig komplexe Probleme verstehen und sie im Arbeitsalltag lösen können.“
Zwar ist in den Berliner Siemens-Betrieben von Industrie 4.0 oft noch nicht viel zu sehen. Doch für die Betriebsräte ist eine hochwertige „Ausbildung 4.0“ entscheidend für die Zukunft der Arbeitsplätze.
„Wir erleben bei Siemens immer wieder Verlagerungen“, kritisiert IG Metall-Mitglied Bolduan. „Wir gehen davon aus, dass wir hochwertige und komplexe Arbeit besser verteidigen können.“
Deshalb gestalten die Betriebsräte bei Siemens die Ausbildung 4.0 mit. Der Gesamtbetriebsrat hat das Projekt mit angeschoben. Zugleich kümmern sich die Betriebsräte darum, dass auch die ausgelernten Beschäftigten Weiterbildung in Digitalisierung bekommen.
Als nächstes wollen Bolduan und die anderen Berliner Siemens-Betriebsräte erreichen, dass die Ausbildung 4.0 nicht nur im SPE-Ausbildungszentrum sondern auch im Betrieb umgesetzt wird.
Die Arbeitnehmervertretern und wir finden es gut, dass Siemens so viel für Ausbildung für die digitale Zukunft tut. Allerdings sollte Siemens dies konsequent und für möglichst viele Auszubildende ermöglichen. Doch da setzt das Unternehmen den Rotstift an: Die Zahl der Ausbildungsplätze soll von bundesweit 1 900 auf 1 600 reduziert werden. Es soll weniger Ausbilder geben. Kurse, Sprachreisen und Begrüßungsfahrten wurden bereits zusammengestrichen.
Gegen dieses Sparprogramm haben Ende September bundesweit 3 300 Siemens-Auszubildende bei unserem Jugendaktionstag demonstriert. In Berlin versenkten sie demonstrativ einen Rotstift vor dem Siemens-Verwaltungsgebäude.
„Wir finden es gut, dass wir eine hochwertige, zukunftsweisende und vielfältige Ausbildung haben“, meint Jugend- und Auszubildendenvertreter Philip Leser. „Aber dafür muss Siemens auch investieren ― statt zu reduzieren.“