Christiane Benner: Die Medien sind zuletzt Mitte September durch die Engineering- und IT-Tagung von IG Metall und Hans-Böckler-Stiftung auf das Thema aufmerksam geworden. Dort hatte sich gezeigt, dass die Gewerkschaft mit der Diskussion am Puls der Zeit ist. Insgesamt steht die Debatte jedoch noch relativ am Anfang. Die Gewerkschaften werden sie in Zukunft vehement vorantreiben. Vor allem muss in den Fokus rücken, wie sich dieser Aspekt der Digitalisierung auf die Beschäftigten auswirkt, auf Arbeit, Leben und Gesellschaft. Denn bisher wird Crowdworking meist im Zusammenhang mit Geschäftsmodellen diskutiert, also stark aus unternehmerischer Sicht.
Ja. Beispielsweise gab es 2012 einen großen Schock, als rauskam, dass IBM im hohen Maß Arbeitsplätze durch Crowdsourcing abbauen wollte. Das Szenario war, dass es bei nur noch relativ wenig direkt beim Unternehmen Beschäftigten ein großes Heer an Freien gibt.
Im Buch wird zum einen die technische Seite der Crowdworking-Plattformen erklärt. Zum anderen beschreiben Autoren, wie sich Beschäftigung durch diese neue Form der Arbeitsorganisation verändert. Crowdworker berichten über ihre Arbeit, es kommen Wissenschaftler zu Wort, Rechtsexperten, Politiker, Gewerkschafter und Betriebsräte. Dadurch entsteht ein facettenreiches Bild des Crowdwork, das es so bisher noch nicht gab.
Im Buch verdeutlichen beispielsweise die Beiträge der US-amerikanischen Autoren und der Beschäftigten, die als Clickworker arbeiten, um welch prekäre Arbeitsformen es sich bei Clickworker-Arbeitsverhältnissen handelt. Und eine wirklich umfassende Industrialisierung dieser Arbeitsform steht erst noch bevor. Durch die Möglichkeiten, weltweit auf Wissensarbeit zugreifen zu können, besteht die Gefahr, dass eine Abwärtsspirale bei den Arbeitsbedingungen in Gang gesetzt wird. Auf der anderen Seite ermöglicht Crowdwork mehr Menschen einen Zugang zur Arbeit.
Arbeitnehmerrechte werden in der digitalen Arbeitswelt momentan noch ausgehebelt oder nicht beachtet. Wir, die Autoren, wollen unter anderem zeigen, dass sie auch dort gelten müssen. Und dass es an der IG Metall ist, die Arbeitnehmerrechte auch für digitale Arbeit zu deklinieren. Crowdwork ist keine Privatsache, sondern hat wie gesagt auch massive Auswirkungen auf Beschäftigungsverhältnisse von etwa Ingenieuren und IT-Beschäftigten in den Unternehmen.
Um die geht es ja. Ein weiteres Ziel ist, dieser scheinbar anonymen Masse eine Stimme zu geben. Durch die Beiträge der Autoren ist eine Art Entwurf entstanden, wie die IG Metall Angebote entwickeln muss, um eine angemessene Organisation für Clickworker zu werden. Auch soll das Buch ein Nachschlagewerk für unsere Betriebsräte sein.
Nein. Es geht darum, die Entwicklung von Beginn an konstruktiv zu begleiten und Mitbestimmung für Betriebsräte durchzusetzen. Dazu muss sich die IG Metall nicht neu erfinden. Unser Schlüssel war schon immer gemeinsames Handeln. Durch die unterschiedlichen Aspekte, die in dem Buch beleuchtet sind, wollen wir mit Politik, Wissenschaft, Arbeitgebern und mit Beschäftigten und Betriebsräten in einen Diskurs darüber kommen, wie gute digitale Arbeit gestaltet werden muss, sodass sie ein nachhaltiges Modell einer Arbeitsorganisation werden kann.