Weitgehend Einigkeit herrschte bei den Diskutanten darüber, dass die Digitalisierung die Arbeitswelt fundamental verändern wird. Auch wenn noch nicht genau abzusehen sei, was das für die Beschäftigten und ihre Arbeit konkret bedeute, sei es doch wichtig, bereits heute zu handeln. Gemeinsam müssten die Chancen, die durch die neuen technischen Entwicklungen entstehen, verwirklicht und Risiken für die Beschäftigten minimiert werden.
„Der technische Fortschritt hat in der Vergangenheit stets dazu geführt, dass sich Berufe und Tätigkeitsprofile verändern und neue Arbeitsplätze entstehen konnten. Aber es gab auch Verlierer, nämlich gering Qualifizierte mit hohem Anteil an Routinetätigkeiten bei ihren Aufgaben“, führt Andrea Nahles im „Grünbuch“ aus. „In den kommenden Jahrzehnten wird die Digitalisierung auch höher qualifizierte Tätigkeiten verändern und weitere Branchen erfassen. Auch neue, flexiblere Arbeitsformen werden vermutlich an Bedeutung gewinnen.“ Die Frage sei, wie man auf den Wandel der Arbeit reagiert. Wie man diesen gestaltet.
Für Jörg Hofmann ist eine „neue Kultur der Wertschätzung der Arbeit“ Grundbedingung, um den digitalen Wandel im Sinne der Beschäftigten gestalten zu können. „Wertschätzung der Arbeit heißt, dass der Mensch und nicht die Maschine steuert“, so der IG Metall-Vize, „Wertschätzung der Arbeit heißt auch, individuelle Lebensentwürfe der Beschäftigten zu respektieren.“ Nach wie vor sei die Erwerbsarbeit Dreh- und Angelpunkt der Gesellschaft. „Daran ändert auch die Digitalisierung nichts.“ Arbeit trage zu einem erfüllten Leben, zur Sinnstiftung des Lebens bei – jedoch nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und das, bilanzierte Hofmann, tun sie oft nicht. „Die Anforderungen der Betriebe dominieren mehr denn je die Interessenslagen der Beschäftigten: Mehrwert statt Wertschätzung, Marge statt Mensch, bestimmt den Arbeitsalltag.“ Die Flexibilitätsanforderungen an die Beschäftigten seien massiv gewachsen. „Die Beschäftigten fordern verbindliche Gegenleistungen in Form von Geld, Freizeit oder Zuschlägen“, so Hofmann.
Dabei, das stellte der Zweite Vorsitzende klar, wollten die Beschäftigten keine Auflösung des Normalarbeitsverhältnisses, wie von manchen prognostiziert wurde. Gefordert sei vielmehr ein „neues Normalarbeitsverhältnis“, das die Bedürfnislagen unterschiedlicher Lebensphasen berücksichtige. „Wenn es in der betrieblichen Praxis und nicht nur als Sprechblase selbstverständlich sein soll, dass Männer und Frauen gleichberechtigt arbeiten, dass Eltern sich gleichberechtigt um ihre Kinder oder auch um pflegebedürftige Angehörige kümmern wollen und sollen, dann brauchen wir dieses Reformprojekt eines neuen Normalarbeitsverhältnisses, das erlaubt, die Arbeitszeit temporär zu verkürzen, ohne von der beruflichen Entwicklung abgekoppelt zu werden“, sagte Jörg Hofmann.
Arbeitswelt und Arbeitspolitik müssten sich unter den Bedingungen fortschreitender Digitalisierung konsequent an einer „Politik der Lebensphasen“ ausrichten. „Wir brauchen Ansprüche, die Arbeitszeit temporär verkürzen zu können. Und wir brauchen Ansprüche auf Zeit und Geld für die Chance auf berufliche Entwicklung“, so Jörg Hofmann.