Viele Unternehmen starten derzeit Pilotprojekte, die eine Art „Büro 4.0“ zum Ziel haben. Die Veränderungen in den indirekten Bereichen sowie in Forschung und Entwicklung scheinen dabei schneller voranzuschreiten, als die Digitalisierung der Fertigung. Für Letztere braucht es neue, Millionen schwere Maschinen. In den Büros sind es hingegen die Beschäftigten, die vernetzt werden. Es geht darum, die Arbeit von Grund auf neu zu organisieren. Dabei können Beschäftigte in administrativen und kaufmännischen Berufen schnell zum Spielball unausgereifter Konzepte werden, ebenso wie Ingenieure oder IT-Experten.
Durch neue Software und Arbeitsmethoden werden ihre Tätigkeiten in viele kleine Arbeitsschritte zerlegt – und verlieren oftmals an Attraktivität. Neue Büroraumkonzepte können den Lärmpegel und damit Stressfaktor erhöhen, und die Möglichkeit per Laptop von überall aus zu arbeiten, kann zu einer weiteren Entgrenzung der Arbeitszeiten führen. Doch die neuen Zeiten bieten auch Potenziale. Durch die Digitalisierung entsteht etwa die Chance, selbstbestimmter und Ich-bewusster zu leben. Auch können Computer und Roboter von eintönigen Tätigkeiten befreien. Weil sich solch positive Chancen selten von alleine durchsetzen, will die IG Metall den Wandel der Office-Berufe gemeinsam mit den Beschäftigten gestalten.
Durch etwa Laptops sind Arbeitnehmer nicht mehr an den Betrieb als Arbeitsort gebunden. Aber, sagt Zukunftsforscher Dr. Tobias Kämpf vom IFS München: „Wenn ich die Wahl habe, von überall aus zu arbeiten, finde ich dadurch nicht automatisch zu einer besseren Work-Life-Balance.“ Oft falle es den Menschen durch Mobilarbeit sogar schwerer, Beruf und Freizeit voneinander zu trennen – und Arbeitszeiten würden immer weiter ausgedehnt. Helfen können Betriebsvereinbarungen, die den Beschäftigten Souveränität zurückgeben – ohne die technischen Innovationen zu verhindern. Mehr .
Auch die Büroraumkonzepte verändern sich. Sie sollen zum einen flexibles Arbeiten unterstützen und gleichzeitig Arbeitsabläufe optimieren. „Open Space Office“ und „Flexible Office“ lauten zwei Stichworte. Das „Open Space Office“ ist ein Großraumbüro, in dem die Beschäftigten ohne hierarchische Gliederung zusammensitzen. Nur durch die Anordnung des Mobiliars oder unterschiedliche Farben entstehen verschiedene Bereiche. Das Konzept soll unter anderem die Teamarbeit fördern. Allerdings ist es nicht für alle Unternehmen geeignet – und ein sinnvoller Umbau funktioniert nur unter Mitbestimmung der Beschäftigten. Mehr .
Lean Office – das schlanke Büro – wird von vielen Arbeitgebern als Chance gesehen, Büroarbeit effizienter zu machen. Laut einer Studie des Fraunhofer und des Kaizen Instituts sind fast ein Drittel aller Bürotätigkeiten „Verschwendung“. Ziel von Lean Office ist es, Verschwendung zu minimieren, um so die Produktion zu steigern und die Kosten zu senken. Im Fokus stehen etwa Doppelarbeit, die Suchen nach Dateien oder Unterlagen, nicht funktionierende Bürogeräte, unproduktive Sitzungen, schlecht abgestimmte Prozesse und daraus resultierende überflüssige Wartezeiten. Allerdings werden auch Dinge als „Verschwendung“ angesehen, die für Menschen als soziale Wesen wichtig sind. Mehr .
Auch innerhalb der Betriebe gewinnt die virtuelle Welt immer mehr an Bedeutung. Beispielsweise schaffen Unternehmen interne Onlineplattformen, über die Beschäftigte in Verwaltung und Entwicklung gemeinsam an Projekten arbeiten. Crowdworking nennt sich das und ist per se wohl weder gut noch schlecht. Bedenklich wird es, wenn die Mitarbeiter auf ihr digitales Profil reduziert werden und ihre Fähigkeiten etwa von einer Software bewertet werden. Und natürlich können Unternehmen die Tätigkeiten auch weltweit ausschreiben (Crowdsourcing), schließlich können die Aufgaben online von Freelancern rund um den Globus bearbeitet werden. Diese Soloselbstständigen unterbieten sich mit ihrer Vergütung zum einen gegenseitig – setzen ob des Kostendrucks aber auch die Festangestellten in den Unternehmen unter Druck. Mehr .
Zukunftsforscher Tobias Kämpf vom ISF München sagt: „Wenn ich mit den Menschen in den Büros spreche, bekomme ich oft zu hören, dass dringend Gestaltungsbedarf besteht“. Für die IG Metall ist wichtig, dass die Angestellten in den Büros mitreden können, wenn ihre Arbeit neu organisiert werden soll. Egal ob es sich um neue Bürokonzepte oder Technik handelt. Daneben ist Qualifizierung für die Beschäftigten kein „Nice to have“ mehr. Weiterbildung ist wichtig, damit sie nicht vom rasanten Wandel abgehängt werden. Mit der Bildungsteilzeit ist der IG Metall in der Tarifrunde 2015 ein erster Erfolg gelungen.
Mehr zur Bildungsteilzeit auch in der aktuellen Ausgabe von „Arbeit@Büro“.