8. Februar 2016
Kongress: Arbeiten in der digitalen Welt
Industrie 4.0 braucht Arbeit 4.0
Wie wird Digitalisierung die Arbeitswelt verändern? Und was muss jetzt getan werden, damit Beschäftigte unter den Bedingungen von Industrie 4.0 gute Arbeit haben? Rund 300 Experten aus Politik und Gesellschaft, Forschung und Wissenschaft debattierten in Berlin über diese Fragen.

Brigitte Zypries, parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, betonte zu Beginn des Kongresses „Arbeiten in der digitalen Welt“, dass Digitalisierung enorme Chancen für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands böten. Die Digitalisierung werfe nicht nur technische Fragen, sondern auch Fragen der Arbeitsorganisation, des Arbeitsschutzes und der beruflichen Aus- und Fortbildung in der Fabrik der Zukunft auf. Mit Interesse warte sie auf die Handlungsempfehlungen, die die Arbeitsgruppe „Arbeit, Aus- und Weiterbildung“ innerhalb der „Plattform Industrie 4.0“ in diesem Jahr vorlegen will. Geleitet wird diese Arbeitsgruppe von Constanze Kurz, Ressortleiterin Zukunft der Arbeit im IG Metall-Vorstand.

Für Jörg Hofmann ist klar: „Industrie 4.0 braucht Arbeit 4.0 und Bildung ist hierfür der entscheidende Schlüssel.“ Für den Ersten Vorsitzenden der IG Metall ist nicht so sehr die Frage, ob Tätigkeiten durch Digitalisierung wegfallen oder nicht. „Die Frage ist, in welcher Dynamik laufen diese Prozesse ab.“

Zwar könne noch nicht gesagt werden, ob Digitalisierung zu einer „Polarisierung der Tätigkeiten“ führe, ob es also zukünftig auf der einen Seite eine Masse an einfachen Tätigkeiten gebe und andererseits nur wenige hochqualifizierte Jobs. Eindeutig aber ist für Jörg Hofmann, dass eine innovative Wirtschaft weiter auf qualifizierte Tätigkeiten setzen müsse, wenn sie technologischen Fortschritt „schnell auf die Straße“ bringen wolle. „Die Menschen wollen sichere, gerechte und selbst bestimmte Arbeit“, so der Erste Vorsitzende der IG Metall. „Sie wollen kein digitales Tagelöhnertum.“

Eine abschließende Antwort, wie Sicherheit in der digitalen Arbeitswelt organisiert werden könne, habe niemand, betonte Jörg Hofmann. Tatsache sei aber, dass sich die Anforderungen, die an Bildungskonzepte gestellt werden, mit der Digitalisierung erhöhen. Es brauche daher „Veränderungen im Bereich der Erstausbildung“. Hierbei gehe es aber nicht unbedingt darum, neue Berufsbilder zu schaffen, sondern darum, Berufsschullehrer und Ausbilder für die Anforderungen und digitalen Arbeitstechniken zu sensibilisieren und zu qualifizieren. Und auch die Hochschullandschaft müsse auf die Digitalisierung vorbereitet werden. In Deutschland gibt es derzeit 1400 unterschiedliche technische Bachelor-Abschlüsse. „Das ist nicht arbeitsmarktfähig“, so Jörg Hofmann. Überlegt werden müsse zudem, wie man „lernförderliche Arbeitsplätze“ gestalten kann, Arbeitsplätze also, bei denen die Beschäftigten nicht „lernentwöhnt“ werden, sondern sich in ihrem Arbeitsleben kontinuierlich entwickeln können.


Bei der abschließenden Panelrunde, an der auch Constanze Kurz teilnahm, debattierten Experten, auf welche Weise die Zusammenarbeit von Menschen mit intelligenten Robotern die Tätigkeitsprofile von Beschäftigten verändert. Können Assistenzsysteme helfen, Menschen mit Handicaps zu unterstützen und eine lernförderliche Arbeitsumgebung in den Betrieben zu installieren? Bei dem Projekt „APPsist“ zum Beispiel, das IG Metall und Betriebsräte aktiv mitgestalten, werden derzeit modellhafte Szenarien für integriertes Lernen am Arbeitsplatz entwickelt.

„Intelligente Assistenz- und Wissensdienste unterstützen personalisiertes Lernen“, sagte Professor Christoph Igel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, „sowohl hinsichtlich der formalen Bildung, als auch bei informellen, erfahrungsbasierten Wissensprozessen.“


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