Holger Schott: Sie müssen begleiten und moderieren, das ist das Wichtigste. Klar ist: Niemand wird um künstliche Intelligenz in seinem Betrieb herumkommen. Sei es in der Fertigung durch immer intelligenter werdende Maschinen oder etwa im Service durch VR-Brillen. Wir müssen uns deshalb als Betriebsräte frühzeitig darauf vorbereiten, die Einführung von digitaler Technik so zu gestalten, dass der Mensch letztlich nicht hinten runterfällt.
Es ist ja so: Digitale Assistenzsysteme sind auf dem Vormarsch, der Markt entwickelt, das muss man sagen, technisch tolle Lösungen. Allerdings: Diese Entwicklungen werden selten in Europa gemacht, und aus diesem Grunde sind die Lösungen auch sehr oft nicht aus Sicht der Arbeitnehmer gedacht. Sondern auf Rationalisierungseffekte und Gewinnmaximierung getrimmt. Das ist ein Problem, denn digitale Systeme, die erstmal eingeführt sind, sind im Nachgang wesentlich schwerer zu ändern, als wenn wir uns von Anfang an in die Einführung einbringen und von Beginn an die Bedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen mitdenken.
Ganz klar: Leistungs- und Verhaltenskontrolle muss von vorn herein ausgeschlossen werden. Das ist unserer Erfahrung nach die größte Angst, die Beschäftigte vor „dem Kollegen Roboter“ haben. Wenn mir jemand hilft, ist das eine Sache – aber wenn ich dann noch Angst haben muss, dass er mich dabei überwacht, wird daraus ein ganz anderes Verhältnis. Es ist also elementar, dass wir unser Mitbestimmungsrecht, das wir laut Betriebsverfassungsgesetz bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen haben, konsequent anwenden und Leistungs- und Verhaltenskontrolle ausschließen.
Beteiligung der Kolleginnen und Kollegen ist elementar wichtig. Schon allein deshalb, weil Beteiligung die Voraussetzung dafür ist, möglichst viele neue Mitglieder zu gewinnen. Und dann sind Beschäftigten natürlich die Expertinnen und Experten ihres Arbeitsplatzes, sie wissen genau, auf welche Weise digitale Assistenzsysteme unterstützen können und auf welche Weise nicht. Dieses Wissen muss sich vor der Einführung digitaler Systeme artikulieren, denn, wie gesagt, einen einmal erfolgreich eingeführten Prozess im Nachhinein zu ändern, das ist wahnsinnig schwer, weil dann Begehrlichkeiten geweckt sind.
Ganz einfach: Wir haben in einer Rahmenbetriebsvereinbarung, die quasi als Dach über allem steht, geregelt, dass die Verarbeitung jeglicher personenbezogener Daten grundsätzlich bei uns verboten ist. Wir erlauben allerdings in begründeten Fällen Ausnahmen. Genau so ist das übrigens auch bei der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU. Die DSGVO verbietet eine Verarbeitung von Daten – es sei denn man hat eine gesetzliche Grundlage. Übrigens: Das Vorhaben, mit Daten Gewinn und Geschäfte zu machen, schafft keine Grundlage für eine zulässige Datenverarbeitung.
Das hängt vom jeweiligen System ab. Gleich ist jedoch bei allen, dass eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle von vorhinein und prinzipiell ausgeschlossen werden muss. Wenn Beschäftigte keine Angst vor neuer Technologie haben müssen, weil diese grundsätzlich nicht überwacht, sondern lediglich unterstützt, dann ist der wichtigste Schritt bereits getan.
Zulässig ist eine Verarbeitung immer dann, wenn es entweder gesetzlich erforderlich ist, eine freiwillige Einwilligung der betreffenden Person vorliegt oder ein berechtigtes Interesse besteht. Da Gesetze meist nicht greifen, im Arbeitsverhältnis die „Freiwilligkeit“ als nicht gegeben angesehen wird, gibt es als Grundlage meist nur das berechtigte Interesse. Das führt oft zu Streit, weil jeder glaubt, ein solches zu haben. Der Betriebsrat muss da ganz genau hinschauen. Wichtig ist, frühzeitig und intensiv mit dem Arbeitgeber zu sprechen, weil im Gespräch dann klar wird, wozu die Daten verwendet werden sollen. Und dann zeigt sich sehr oft, dass es hervorragend auch ohne personenbezogene Daten geht. Das sieht man aber erst, wenn man sich ernsthaft fragt: Wozu brauche ich diese Daten, brauche ich sie wirklich? Mein Lieblingsbeispiel ist hier das Unterzeichnen von Dokumenten: Da fallen viele Daten an, es muss der Ort und das Datum eingetragen, eine Unterschrift geleistet werden. Aber seien wir mal ehrlich: Wozu brauchen wir den Ort? Datum und Unterschrift reicht völlig – alles andere ist Gewohnheit. Diese gilt es zu durchbrechen, indem man jedwede Datenerhebung kritisch betrachtet.
Nein, das braucht man nicht. Es genügt vollauf, wenn man sich Expertenwissen von extern holt. Wirklich wichtig aber ist, dass der Betriebsrat ein prinzipielles Grundverständnis für den Datenschutz hat. Alle Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat müssen sich der Tatsache bewusst sein, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten immer kritisch hinterfragt werden sollte. Im Optimalfall wird die durch eine Rahmenbetriebsvereinbarung dann prinzipiell ausgeschlossen – und spezielle Ausnahmen werden fortan immer einzeln erlaubt. Auf diese Weise ist ein umfassender Schutz der Beschäftigtendaten sichergestellt.