Christiane Benner: Die Montan-Mitbestimmung sichert hochwertige, moderne Produktion und hilft immer wieder, Strukturbrüche abzufedern. In mitbestimmten Betrieben fällt keiner ins Bergfreie. Das haben wir beim Strukturwandel von Kohle und Stahl immer wieder erlebt.
Dass wir im harten Kampf um Continental und im starken Team kurzfristige Werksschließungen abwenden konnten. Aufsichtsrats-Chef Wolfgang Reitzle wollte dies unter Ausnutzung seines Doppelstimmrechtes durchsetzen. So sieht soziale Verantwortung nicht aus. Die Beschäftigten haben sich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Jetzt gibt es keine Schließung des Werkes Aachen Ende diesen Jahres, sondern Alternativen. In Karben bleibt auch nach 2023 ein Teil der Belegschaft erhalten, in Babenhausen haben wir drei weitere Jahre gewonnen, um Perspektiven zu entwickeln.
Auf jeden Fall, das Doppelstimmrecht muss weg. Die Montanindustrie, wo der Aufsichtsratschef kein Doppelstimmrecht hat, zeigt es doch: Krisen überwindet man mit Mitbestimmung auf Augenhöhe, nicht gegen sie.
Wir haben mit den Vorsitzenden aller demokratischen Parteien gesprochen – keine und keiner hat gesagt: Vergesst es.
Die Industrie ist bereit, allein bei BMW sind knapp 30 Impfstraßen aufgebaut. Nun muss nur endlich genug Impfstoff her.
Dass sie die internationale Dimension nicht vergisst. Deutschland und Europa müssen solidarisch sein mit den ärmeren Ländern der Welt. Dazu gehört auch, dass die Hersteller Impfstoffkapazitäten ausbauen und sich an globalen Impfkampagnen beteiligen. Und es gibt ja auch Forderungen, Patente freizugeben.
Vergessen wird, wie stark die schnelle Entwicklung für einen Impfstoff von jahrzehntelanger, staatlich geförderter Forschung profitiert hat. Außerdem wären die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden enorm, wenn wir die Corona-Pandemie nicht bald weltweit in den Griff bekommen. Die fatalen Folgen erleben wir doch etwa in Indien oder Brasilien. Ich bin sicher, dass mit den Pharmafirmen ein fairer Ausgleich getroffen werden kann.
Das Homeoffice wird bleiben, kein Arbeitgeber kann mehr sagen: Homeoffice geht nicht. Doch um bei neuen technologischen Entwicklungen angemessen mitbestimmen zu können, braucht das Betriebsverfassungsgesetz ein Update. Als es 1972 in Kraft trat, gab es Intershops, aber kein Internet. Jetzt müssen wir das Gesetz anpassen.
Die Betriebsräte müssen über den Ort der Arbeit mitbestimmen können. Es muss für die Beschäftigten ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit geben. Der Arbeitgeber hat Verantwortung für das Homeoffice – er muss auch dort zum Beispiel externe Bildschirme, Tastatur, Maus und ergonomische Stühle zur Verfügung stellen. Da die meisten Arbeitnehmer Mischformen aus Homeoffice und Büro wollen, achten unsere Betriebsräte darauf, dass jetzt nicht mal eben Büroflächen abgemietet werden.
Nein, wir engagieren uns für Frauenförderung auf allen Hierarchie-Ebenen. Und die Quote ist erst der Anfang, und sie soll ja leider auch nur für wenige Unternehmen gelten. Viele müssen ja nur Zielvorgaben festlegen. Dass Unternehmen wie Zalando eine Zielgröße Null setzen, ist doch peinlich. Wenn wir wollen, dass sich auf allen Ebenen etwas tut, brauchen wir harte Vorgaben für den Vorstand. Nur dann können wir den Thomas-Kreislauf durchbrechen.
Es gibt in den deutschen börsennotierten Unternehmen mehr Vorstände, die Thomas, Michael oder Stefan heißen, als es überhaupt weibliche Vorstände gibt. Darum fordern wir eine Frauenquote für alle mitbestimmten Unternehmen.
Das Interview ist am 13. Mai in der Rheinischen Post erschienen. Autorin: Antje Höning
zum Interview
weitere Informationen und Pressebilder von Christiane Benner
Fon: +4969 6693 2646
Mobil: +49160 533 1185