Bautzen – „Der Klimaschutz und unsere berufliche Zukunft dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Verunsicherung ist greifbar. Mobilität und Energie müssen klima-freundlich, aber auch bezahlbar sein. Dazu braucht es Druck von Gewerkschaften und Beschäftigten, damit aus technologischem Fortschritt auch sozialer Fortschritt in Deutschland und in Europa wird“, sagte Jürgen Kerner, Hauptkassierer der IG Metall, in seiner Rede zum 1. Mai am Dienstag in Bautzen.
„Die Gewerkschaften stehen für eine soziale, ökologische und demokratische Transformation der Arbeitswelt und der Gesellschaft. Diese kann nur dann gelingen, wenn ein großes Gemeinschaftsprojekt von Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften entsteht, das beispielsweise mit breit angelegten Qualifizierungsprogrammen, einem Initiativrecht der Betriebsräte auf Weiterbildung und einem Transformationskurzarbeitergeld flankiert wird.“ Gerade die Region Ostsachsen könne zur Modellregion für Mobilität und Energiespeicherung werden – die Voraussetzungen seien vorhanden, sagte Kerner.
Die IG Metall wird ihre Forderungen zur Unterstützung des Transformationsprozesses an Politik und Unternehmen auf der Großveranstaltung #FairWandel am 29. Juni in Berlin kundtun.
Kerner kritisierte, dass es 30 Jahre nach dem Mauerfall noch immer keine gleichwertigen Lebensverhältnisse in Deutschland gibt. „Die Arbeitgeber sabotieren gleichwertige Lebensverhältnisse, weil sie sich aus der Tarifbindung stehlen und zugleich die Arbeitszeiten hier immer noch höher als in Westdeutschland sind.“ Derzeit gilt für nur 18 Prozent der Betriebe in den ostdeutschen Ländern ein Tarifvertrag. „Das ist ein Skandal, sagte Kerner und forderte die Politik zum Handeln auf: „Den Lippenbekenntnissen der Politik nach mehr Tarifbindung müssen endlich Taten folgen. Vor allem müssen mehr Tarifverträge für ganze Branchen verbindlich gestellt werden.“ Derzeit führt die IG Metall Gespräche mit Gesamtmetall zur Arbeitszeitverkürzung in der Metall- und Elektroindustrie in den neuen Bundesländern. Außerdem wurde gestern (30.04.) für die ostdeutsche Textilindustrie ein Tarifabschluss mit der Arbeitszeitverkürzung auf 37 Stunden erzielt. „Der Tarifabschluss in der ostdeutschen Textilindustrie ist ein wichtiger Meilenstein. Mit der Angleichung der Arbeitszeit ist uns nun endlich auch hier die Wende gelungen“, sagte Kerner.
„Die Herausforderungen von Digitalisierung, Klimawandel und Globalisierung machen an nationalen Grenzen nicht halt. Deshalb brauchen wir europaweite Standards für gute Arbeitsbedingungen, die die Beschäftigten schützen, statt Dumping-Wettbewerb durch Niedriglöhne. Die EU muss die Tarifbindung voranbringen, diese muss europaweit die Voraussetzung für die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln sein“, sagte Kerner.
Aus diesem Grund seien alle aufgefordert, sich am 26. Mai 2019 an den Wahlen zum Europäischen Parlament zu beteiligen. „Wir dürfen unser Schicksal nicht den Anti-Europäern überlassen! Rechter Populismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit sind Sprengstoff für ein friedliches und gutes Miteinander.“
Rede von Jürgen Kerner zum 1. Mai
Gewerkschaften demonstrieren am 1. Mai für ein soziales Europa und eine faire Transformation