Frankfurt am Main – Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, hat eine Kehrtwende in der Europapolitik sowie einen Stopp der Angriffe auf die Arbeitnehmerinteressen gefordert. „Wir wollen einen Kurswechsel in Europa. Wir kämpfen dafür, dass Mitbestimmung geachtet, Tarifverträge möglich und faire Arbeits- und Sozialbedingungen gewährleistet sind“, sagte Lemb am Montag auf dem Gewerkschaftstag in Frankfurt. Die IG Metall habe ihr europapolitisches Engagement deutlich ausgeweitet und Mitte 2014 ein Verbindungsbüro in Brüssel eröffnet. So stehe die IG Metall in direktem Kontakt zu Parlamentsabgeordneten, Ausschussvorsitzenden und EU-Kommissaren, um ihre Positionen in Brüssel direkt zu platzieren. Das gelte unter anderem für die geplante Neuregelung des Emissionshandels für die Stahlindustrie genauso wie für die geplante Regulierung der Kohlendioxid-Emissionen neuer Autos nach 2020 oder die Leitlinien künftiger europäischer Industriepolitik.
Um gewerkschaftliche Strukturen auch jenseits deutscher Grenzen aufzubauen, wird die IG Metall zwei Pilotprojekte mit Partnergewerkschaften in den USA und in Ungarn starten. „Wir entwickeln gemeinsame Erschließungsstrategien für ausgewählte Standorte deutscher Unternehmen und wollen mit tarifvertraglichen Regelungen die Einkommens- und Arbeitsbedingungen vor Ort verbessern“, kündigte Lemb an.
Mit Blick auf den Investitionsstau in Deutschland verdeutlichte Lemb, welche Finanzierungsquellen für Investitionen gewählt werden sollten. Entgegen den Plänen der Bundesregierung hält die IG Metall die geplante Mobilisierung privaten Kapitals nicht für die beste Lösung. „Öffentliche Investitionen müssen vorrangig aus Steuermitteln finanziert werden; die öffentliche Hand muss den finanziellen Handlungsspielraum ausnutzen und öffentliche Investitionen von der Schuldenbremse ausgenommen werden“, forderte Lemb. Hohe Einkommen und große Vermögen müssten einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der sozialen, der digitalen und der Verkehrsinfrastruktur leisten.
Mit Blick auf die schon 25 Jahre zurück liegende deutsche Einheit kritisierte Lemb das immer noch „deutliche Einkommensgefälle zwischen Ost und West“. Die Anzahl der tarifgebundenen Unternehmen im Osten sei deutlich geringer als im Westen. Die IG Metall werde sich weiterhin für gleichwertige Arbeits- und Lebensbedingungen einsetzen, sagte Lemb.
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