1. April 2019
Arbeitsplätze
Genickschuss für die SHW
650 Jahre Höhen und Tiefen meisterte eines der ältesten Unternehmen Europas. Alles vorbei!?

„Den Genickschuss hat uns der letzte Investor Herr Langnickel verpasst, der die Dreistigkeit besessen hat, uns ohne eigenes Kapital zu kaufen“, schimpft SHW-Betriebsratsvorsitzender Freddy Behr. Klammheimlich habe er das Tafelsilber der SHW veräußert, Grundstücke, Hallen, Maschinen. „Als dann kein Geld mehr für Material da war, mussten wir ohnmächtig dabei zusehen, wie unsere SHW mit vollen Auftragsbüchern geschlachtet wurde.“ Wut, Trauer, Angst machen sich breit bei den Beschäftigten und auch die IG Metall Heidenheim ist über das Ende der SHW schockiert. „Unsere Warnhinweise wurden ignoriert. Man sei schließlich „Chef“ und lasse sich nicht in unternehmerische Entscheidungen reinreden. Und dann? Ein Scherbenhaufen, die Chefs sind weg. Die Investoren ziehen weiter, der Insolvenzverwalter bekommt seine Gebühren. Alle sind versorgt und müssen sich keine Sorgen machen. Zurück bleibt die Mannschaft“, klagt Ralf Willeck, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Heidenheim.

 

SHW_bearb

Zu Grabe getragen – vor der SHW stehen 162 Holzkreuze, für jeden Beschäftigten eins.

 

Was diese in den letzten sechs Jahren seit der ersten Insolvenz durchgemacht habe, könne kein Außenstehender nachvollziehen. Drei Insolvenzen, immer wieder verzichteten die Beschäftigten auf Entgelt und zeigten dabei volle Leistung, machten Überstunden, verschoben Urlaub oder arbeiteten kürzer ohne zu murren, geleitet von der Hoffnung, es würde bald wieder aufwärtsgehen. „Jeder einzelne Kollege, jede einzelne Kollegin der SHW verdient unsere Hochachtung. Ich habe noch nie eine Belegschaft erlebt, die trotz ständiger Tiefschläge so zusammengehalten und gekämpft hat“, erklärt Willeck. Der Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet für den einzelnen Beschäftigten und die Familie Angst um die eigene Existenz, Angst vor der Zukunft. Aber auch die Heidenheimer Region leidet, verschwindet nun nach Sconvey in Giengen und der Heidenheimer Gießerei wieder ein Traditionsbetrieb. Mit weitsichtigerem unternehmerischem Handeln hätte jede dieser jüngsten Pleiten abgewendet werden können und gute Arbeitsplätze und viel Wissen wäre in der Region verblieben, meint Wil-leck. Er kritisiert dabei auch das kurzsichtige Verhalten von Voith, die mit einer kleinen Finanzspritze den wichtigen Zulieferer SHW hätte halten können. Zusammen mit dem Betriebsrat habe die IG Metall unzählige Gespräche mit Kunden, potenziellen Investoren, dem Insolvenzverwalter, Banken und der Landespolitik geführt bis zum Schluss ― leider vergeblich. Die wahren Helden dieser Tragödie sind die Beschäftigten. Jeder Arbeitgeber könnte stolz auf so eine Mannschaft sein. „Hoffentlich denken die Personalchefs daran, wenn sie demnächst eine Bewerbung eines SHW-lers auf den Tisch bekommen“, so Willeck. Die IG Metall Heidenheim unterstützt die Beschäftigten in dieser schweren Zeit und gibt Hinweise auf freie, gute Arbeitsplätze gern weiter. Glück auf!


Link zum Artikel