Veränderungspromotor. Dieses Wort klingt schon ein bisschen kompliziert und vage beim ersten Hören. Aber wofür es steht, das ist konkret: notwendige Veränderungen im Betrieb einleiten, neue Wege wagen. Und diese Perspektive war es auch, die Marc Möller faszinierte, als Peter Vollmar von der IG Metall Homburg-Saarpfalz auf ihn zukam und den 30-Jährigen fragte, ob er einer werden wolle, ein Veränderungspromotor.
Heute erklärt es Metaller Möller wie ein Profi: „Also, das ist sehr einfach“, sagt Marc Möller, freigestellter Betriebsrat bei John Deere in Zweibrücken. „Als Veränderungspromotor bin ich dafür zuständig, im Betrieb Projekte anzuschieben und die Beschäftigten einzubeziehen. Meine Aufgabe ist es, notwendige Veränderungen einzuleiten, neue Wege zu gehen.“ Davon gebe es am Standort, an dem rund 1100 Beschäftigte Landmaschinen herstellen – große selbstfahrende Feldhäcksler und Mähdrescher – eine ganze Menge.
Marc Möller ist Veränderungspromotor im Projekt „Die IG Metall vom Betrieb aus denken“ (Foto: privat)
„Unser Leistungsbewertungssystem zum Beispiel, das war veraltet und ungerecht“, erzählt Marc Möller. Beschäftigte, die in der Produktion arbeiten, und Kolleginnen und Kollegen aus dem indirekten Bereich seien unterschiedlich bewertet worden. Es habe zwei verschiedene Bewertungssysteme gegeben, aber vor allem zahlte John Deere in diese Systeme zu wenig Geld ein. „Im Tarifvertrag ist festgelegt, dass der Arbeitgeber durchschnittlich zehn Prozent zum Grundentgelt als Leistungskomponente draufgeben muss“, sagt Betriebsrat Möller. „Bei uns waren es nur acht Prozent. Das mussten wir ändern.“
Möller und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Betriebsrat haben es geändert. Zusätzlich haben sie Verbesserungen in der Leistungsbewertung der Beschäftigten im Zeitentgelt durchgesetzt und in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben: Die Leistungszulage wird nun in zwei Schritten angepasst und auf zehn Prozent erhöht. Dazu wurden neue Kriterien zur Leistungsbeurteilung entwickelt, die zukünftig für alle Beschäftigten am Standort gelten. Zugleich, auch das war Ziel des Projekts, ist es gelungen, unter den Angestellten neue Mitglieder für die IG Metall zu gewinnen.
„Wir haben viel erreicht“, freut sich Marc Möller. Aber das sei eben nicht von allein gekommen. „Die Sache ist: Du kannst Veränderungsprojekte nicht einfach so angehen. Du brauchst Werkzeuge. Du brauchst Methoden, Mitstreiter. Du brauchst einen Raum, in dem Du Dich mit Kollegen austauschen kannst. Dafür ist das Projekt der IG Metall optimal.“
Das Projekt, in dessen Rahmen Marc Möller seine Ausbildung zum Veränderungspromotor absolviert hat, hat der Gewerkschaftstag im Oktober vergangenen Jahres beschlossen. Es läuft nun überall in der Republik. Die Leitidee des Projekts lässt sich in dieser Frage bündeln: Wie bleibt die IG Metall auch in Zukunft stark?
Es ist eine einfache, aber keine leichte Frage, auf die Klaus Abel Antworten sucht. Zusammen mit seinem Team treibt er von Frankfurt am Main aus das Projekt „IG Metall vom Betrieb aus denken“ voran. „Wir haben uns als IG Metall gemeinsam auf den Weg gemacht, wir wollen herausfinden, wie wir uns als Organisation verändern müssen, damit wir auch in Zukunft durchsetzungsstark bleiben“, erklärt Abel. Wichtig dabei: Nötige Veränderungen werden nicht von oben vorgeschrieben. Sondern sie werden in einem Such-, einem Diskussions- und Erprobungsprozess aus den Betrieben heraus entwickelt. Dabei spielen die Veränderungspromotoren wie Marc Möller eine herausragende Rolle. „Insgesamt werden sich 1000 Kolleginnen und Kollegen engagieren“, weiß Klaus Abel. „Sie werden der IG Metall Impulse geben. Und sie treiben in ihrem Betrieb eigene Projekte voran.“
Marc Möller hat sein Projekt zusammen mit seinen Betriebsratskollegen Roland Heitmann und Mark Scherer im IG Metall-Bildungszentrum Bad Orb vorangetrieben – in sogenannten Zukunftsreihen, unterstützt von IG Metall-Bildungsreferent Werner Hartl. „Wir geben den Kolleginnen und Kollegen Werkzeuge an die Hand“, sagt Hartl. „Die Teilnehmer bekommen bei uns die Grundlagen einer Projektmanagementausbildung.“
Das ist wichtig. Mindestens ebenso wichtig aber ist, dass die Ausbildung modular organisiert ist: Seminarphasen und Praxisphasen wechseln sich ab. „Dieser Wechsel ist gut“, sagt Marc Möller. „Wir konnten unsere Ideen gleich in der Praxis ausprobieren und Probleme, die bei der Umsetzung im Betrieb aufgetaucht sind, im Bildungszentrum besprechen.“ Wobei, sagt Marc Möller, Probleme, die gab es in seinem Projekt eigentlich nicht. „Das hatte viel damit zu tun, dass wir ein echtes Anliegen der Beschäftigten aufgegriffen haben. Es lag auch daran, dass wir die Kolleginnen und Kollegen frühzeitig einbezogen und beteiligt haben.“
Marc Möller und seine Betriebsratskollegen entwarfen zu Beginn einen Onlinefragebogen, mit dem sie Beschäftigte im indirekten Bereich angeschrieben haben. Ergebnis: Die Mehrheit der Befragten empfand das Leistungsbewertungssystem als ungerecht und wenig motivierend. „Den Beschäftigten waren die Kriterien, nach denen ihre Leistung beurteilt wurde, unklar“, sagt Marc Möller. „Sie wollten wissen, was von ihnen erwartet wird und wie sie sich steigern können.“
Mit diesen klaren Ergebnissen im Gepäck ging der Betriebsrat in die Gespräche mit der Geschäftsleitung. „Das Management erkannte schnell, dass der Zustand nicht haltbar ist“, sagt Marc Möller. Letztlich konnte der Betriebsrat sein Anliegen umsetzen. Letztlich wurde die Leistungsbewertung modernisiert. Letztlich gibt es nun mehr Geld für die Beschäftigten. „Und es ist uns gelungen, Mitglieder zu gewinnen“, sagt Marc Möller.
Gab es auch Impulse für die Arbeit der IG Metall? Klar, die gebe es auch, sagt er. Er habe da so einige Ideen. Zum Beispiel für die digitale Kommunikation. „Ich bin dabei, meine Ideen aufzuschreiben, wir werden sie anschließend mit der IG Metall diskutieren. Wir haben uns gemeinsam auf den Weg gemacht, jetzt geht es voran.“
Erfolgreich Marc Möller hat sich zum Veränderungspromotor ausbilden lassen – und mit seinen Mitstreitern viel für die Beschäftigten erreicht.
Wie bleibt die IG Metall auch in Zukunft stark? Das ist die Leitfrage unseres Projekts.
Unser Weiterentwicklungsprozess beginnt vor Ort in den Betrieben: 1000 Metallerinnen und Metaller aus Betrieben und Geschäftsstellen starten betriebliche Veränderungsprojekte.