Till Mußenbrock hat einen sicheren Job bei Miele im nordrhein-westfälischen Warendorf. Nach der Ausbildung zum Werkzeugmechaniker wurde er übernommen. „In der Regel werden alle Auszubildenden bei uns übernommen“, erklärt Till. So steht es ja auch im Tarifvertrag.
Pia Dilling hingegen war raus nach der Ausbildung. Für sie gab es keine Übernahme beim Automobilzulieferer Hengst in Münster. Der Grund: Sie hat dort keine normale Ausbildung absolviert, sondern ein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre. Für dual Studierende aber gelten die Gesetze und Tarifregelungen für Auszubildende nicht. Punkt. Aus. Ende.
Dabei hatte Pia ebenfalls einen Ausbildungsvertrag. Neben dem BWL-Bachelor erwarb sie einen Berufsabschluss als Industriekauffrau. Sie lernte im Betrieb, ging mit den anderen zur Berufsschule – und freitags und samstags noch mal zur IHK-Akademie. Sie hatte eine 48-Stunden-Woche und leitete Projekte – für nur 793 Euro brutto im ersten Ausbildungsjahr, statt fast 1000 Euro nach Tarif. Pia schloss die Ausbildung als eine der Besten ab. „Der Unternehmensinhaber überreichte mir pressewirksam die Urkunde“, erinnert sich Pia. „Am Ende war ich trotzdem raus.“
Dabei gehörte Pia der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) an. Für JAVen gilt sogar ein gesetzlicher Übernahmeanspruch. Sie klagte mithilfe der IG Metall bis zum Bundesarbeitsgericht. Doch sie verlor.
Pia und Till kennen sich von der IG Metall Jugend Münster. Dass Pia nicht übernommen wurde, findet Till ungerecht. Er studiert jetzt Maschinenbau, in Bildungsteilzeit. Bei Miele arbeitet er derzeit nur in den Semesterferien. Nach dem Studium hat er Anspruch auf eine gleichwertige Vollzeitstelle, nach dem Tarifvertrag Bildung der IG Metall.
„Ich bin glücklich, dass Miele mir das ermöglicht“, meint Till. „Von meinem erlernten Wissen profitiert ja auch der Betrieb.“
Auch Pia Dilling studiert noch mal – und zwar Jura. Als Referentin der IG Metall schult sie Betriebsräte. Wegen ihres Falls hat sie Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. „Wir haben mittlerweile 110 000 dual Studierende in den Betrieben. Doch ihre rechtliche Lage ist noch immer nicht geregelt“, kritisiert Pia. „Was wir als Gewerkschaft tun können: Für die dual Studierenden muss mindestens mal unser Tarifvertrag gelten.“