Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten auch von zu Hause. Aber zwischen regulärem Arbeitsplatz und dem Büro zu Hause gibt es nicht nur räumliche Unterschiede. In der privaten Sphäre besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. Es muss ein betrieblicher Grund hinzukommen, damit ein Unfall im Privatbereich versichert ist. Die Rechtsprechung gibt generell vor, dass zum Unfallzeitpunkt eine „objektivierte Handlungstendenz“ zur grundsätzlich versicherten Tätigkeit bestehen muss.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass der Sturz auf einer Kellertreppe zu Hause ein Arbeitsunfall im Homeoffice sein kann. Betriebswege können bei einem Arbeitsplatz zu Hause durchaus innerhalb der Wohnung liegen und den privaten und beruflichen Teil des Gebäudes verbinden. Der Fall betraf eine Beschäftigte, deren regelmäßiger Arbeitsort ihre Wohnadresse war. Das war vertraglich so festgelegt. Die Klägerin hatte ihr Büro im Kellergeschoss eingerichtet. Der Sturz auf der Treppe ereignete sich auf dem Weg zu einem vom Arbeitgeber angeordneten Telefongespräch. Das wollte sie von ihrem Büro im Keller erledigen. Beim Gang auf der Treppe nach unten stürzte sie und verletzte sich. Die zuständige Berufsgenossenschaft wollte den Sturz nicht als Arbeitsunfall anerkennen, da auf der Treppe zwischen privaten und geschäftlich genutzten Räumen kein Versicherungsschutz bestehe. Außerdem sei der Unfall nicht bei der Ausführung beruflicher Handlungen, sondern bei vorbereitenden Handlungen erfolgt.
Das Gericht führte aus, dass die Frau zum Unfallzeitpunkt einen versicherten Betriebsweg zurückgelegt hat. Denn sie habe die Treppe mit „der Handlungstendenz“ genutzt, in ihrem Büro, dem Homeoffice im Kellergeschoss, mit dem Geschäftsführer ihres Arbeitgebers zu telefonieren. Dass sich der Unfall, der Treppensturz, in der Wohnung ereignete, ändert nichts am bestehenden Versicherungsschutz.
Jetzt hat das BSG seine bisherige Rechtsprechung konkretisiert. Es entschied, dass bei der Feststellung eines Arbeitsunfalls im häuslichen Bereich künftig die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben zu wollen, den Ausschlag gibt und nicht mehr vorrangig auf die eher quantitativ zu bestimmende Häufigkeit der betrieblichen oder privaten Nutzung des konkreten Unfallorts abzustellen ist.
Eine wie auch immer geartete objektive Widmung der jeweiligen Räumlichkeiten oder die Häufigkeit beziehungsweise das Ausmaß der betrieblichen Nutzung des konkreten Unfallorts ist damit nicht mehr das maßgebliche Abgrenzungskriterium.
Die objektivierte Handlungstendenz bestimmt sich danach, ob der Versicherte bei der zum Unfall führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit (subjektiv) ausüben wollte und diese innere Tatsache durch die objektiven Umstände des Einzelfalls den Richter letztendlich überzeugt.
Äußere Indizien für diese Objektivierung können der Zeitpunkt und der Ort des Unfalls sein, aber auch der objektive Zweck des Vorgangs. Hierbei sind stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Bundessozialgericht vom 27. November 2018 ― B 2 U 8/17 R und B 2 U 28/17 R