Eltern, deren studierendes Kind nicht mehr zu Hause lebt, haben weiterhin einen Anspruch auf Kindergeld. Vorausgesetzt, das Kind ist noch nicht älter als 25 Jahre. Besteht ein Anspruch, wird das Kindergeld nicht etwa an beide Elternteile hälftig gezahlt, sondern steht nach dem Einkommensteuergesetz nur einem einzigen Kindergeldberechtigten zu (wobei die Berechtigung jedoch wechseln kann). Doch wer bekommt das Kindergeld, wenn die Eltern geschieden sind oder getrennt leben?
Hier hat der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst entschieden, dass für den Kindergeldanspruch nicht nur wichtig ist, dass die Eltern überhaupt Unterhalt zahlen.
Gewähren beide Elternteile eine sogenannte Unterhaltsrente, so erhält das Kindergeld derjenige, der regelmäßig die höchste Unterhaltsrente zahlt.
Geklagt hatte eine Mutter, deren Kindergeldantrag abgelehnt wurde, weil der Sohn nicht im Haushalt eines leiblichen Elternteils gelebt und der Vater den überwiegenden Barunterhalt geleistet hatte. Der Vater zahlte seinem studierenden Sohn im Streitjahr zunächst einen monatlichen Barunterhalt von 500 Euro, den er ab September auf 590 Euro erhöhte. Die Mutter zahlte ab Januar monatlich 400 Euro und ab September 490 Euro im Monat. Zudem zahlte sie ihrem Sohn weitere 1502 Euro für Semestergebühren, Bahncard, Zahnarzt- und besondere Ausbildungskosten.
Das Finanzgericht (FG) verpflichtete die Familienkasse, der Mutter das Kindergeld zu zahlen, da aus Sicht des FG bei der Frage nach der höchsten Unterhaltsrente sämtliche Zahlung zu berücksichtigen seien, auch wenn sie — über die monatliche Unterhaltsrente hinausgehend – in Form unregelmäßiger zusätzlicher Zahlungen erfolgten.
Das sah der BFH anders. Obwohl die Mutter über das ganze Jahr gesehen mehr Unterhalt als der Vater gezahlt hatte, war er vorrangig kindergeldberechtigt, weil sein laufender Barunterhalt in jedem Monat des Jahres um 100 Euro höher war als der der Mutter. In ihrer Urteilsbegründung führten die Richter aus, dass eine Unterhaltsrente an das Kind grundsätzlich sowohl für als auch in dem Monat zu leisten ist, für den das Kindergeld beantragt wird.
Regelmäßige Zahlungen der Eltern, die für mehrere Monate zusammengefasst geleistet werden, sowie Unterhaltsnach- und -vorauszahlungen, Einmalzahlungen wegen eines finanziellen Sonderbedarfs (wie Krankheitskosten, Ausbildungsbedarf) und Sachleistungen (etwa die kostenlose Überlassung einer Wohnung) bleiben bei der Prüfung, wer das Kindergeld erhält, unberücksichtigt.
BFH vom 11. Oktober 2018 – III R 45/17
Aktuell ist ein ähnliches Kindergeldverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig. Es soll klären, nach welchen Kriterien die Haushaltszugehörigkeit des Kindes einem Elternteil zugeordnet wird. Die Revision wird unter diesem Aktenzeichen geführt: III R 59/18
Tjark Menssen ist Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH.