Unter dem Weihnachtsbaum lagen bis eben noch Bücher, Weihnachtskarten und ein Kalender für das neue Jahr. Daneben das zerknüllte oder akkurat zur Wiederverwendung gefaltete Geschenkpapier. Eins haben all diese Dinge gemeinsam: Sie sind mit großer Wahrscheinlichkeit über Druckmaschinen gelaufen, die in heimischen Landen gefertigt wurden. Heidelberger Druckmaschinen, Koenig & Bauer, Manroland sheetfed, Manroland web systems sowie Windmöller & Hölscher. Allein diese fünf Betriebe bestreiten rund 80 Prozent des weltweiten Umsatzes.
Trotzdem steckt die Branche seit Jahren in der Krise. In den letzten zehn Jahren hat sich der Umsatz fast halbiert. Mit ihm auch die Zahl der Beschäftigten. Nur noch etwas über 23 000 sind heute in der Branche tätig.
News und Informationen holen sich viele heute aus dem Netz. Zeitungen, Telefonbücher, die Gelben Seiten und auch der Quelle-Katalog sind aus den Wohnzimmern verschwunden. Bedingt dadurch kam es zu einer Marktbereinigung der Druckbranche. „Gab es früher fast in jedem Ort eine, sind mittlerweile viele Druckereien von der Landkarte verschwunden“, bestätigt Ralph Arns, Betriebsratsvorsitzender bei Heidelberger Druckmaschinen. Für Druckmaschinenbauer bedeutet das herbe Umsatzeinbußen.
Zudem verschieben sich die Kräfteverhältnisse bei den Druckverfahren. Beispielsweise wird der Digitaldruck wichtiger. Schon kommendes Jahr könnte er zehn Prozent des gesamten Umsatzes ausmachen. Als Digitaldruck werden Verfahren bezeichnet, bei denen das Druckbild unmittelbar vom Computer in die Druckmaschine übertragen wird. Der Vorteil dabei: Es sind keine Druckformen mehr erforderlich. Bei kleineren Auflagen von bis zu 3 000 Stück lohnt sich das Verfahren und verdrängt klassische Druckvarianten.
Das Problem ist nur: Der Digitaldruck kommt vor allem aus dem Bürobereich. Mit ihm drängen finanzstarke neue Player wie HP oder Canon in den Markt und in die Druckereien.
Hoffnung schenkt den Beschäftigten des Druckmaschinenbaus der Blick unter den Weihnachtsbaum aus einem speziellen Grund aus: Das neue Smartphone, die Legosteine, aber auch das Parfüm, all die Geschenke stecken in bedruckten Verpackungen. Während der „grafische Druck“, so wird der Druck von Katalogen, Zeitungen und Büchern genannt, abnimmt, ist der Verpackungsdruck der aktuelle Wachstumstreiber.
So stellte der Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer vor drei Jahren fest: „Größter Kunde heute ist mit 60 Prozent die Verpackungsindustrie.“ Vor einem Jahrzehnt machte noch der grafische Druck 60 Prozent aus.
Die Gründe für das Wachstum im Verpackungsmarkt sind vielfältig. Neben der zunehmenden Nachfrage in den Schwellenländern und dem steigenden Marktanteil der Internetversandhändler spielt auch die immer größere Bedeutung individualisierter Verpackungen für das Marketing eine wichtige Rolle.
Doch der wachsende Verpackungsmarkt allein kann die Branche nicht zu alter Stärke führen, zumal Verbraucher immer mehr auf Müllvermeidung achten. IG Metall und Betriebsräte fordern deshalb die Unternehmen dazu auf, bisher nicht gehobene Potenziale zu erschließen. Um mögliche Geschäftsfelder zu erkennen und zu diskutieren, vernetzt die IG Metall die Betriebsräte der Branche miteinander und unterstützt gemeinsam mit der Hans-Böckler-Stiftung mit wissenschaftlicher Expertise.
Als wichtigen Zukunftsmarkt haben sie gemeinsam das Drucken elektronischer Elemente ausgemacht. Dabei werden zum Beispiel anstelle von Tinte Sensoren auf Folien aufgetragen. Im Krankenhaus können so gefertigte Spezialmatten im Bett die Körpertemperatur der Patienten stetig überwachen. Auch beim Zahnarzt werden entsprechende Folien zum Abdrucknehmen eingesetzt. Und es seien noch viel mehr Einsatzgebiete denkbar, erklärt Betriebsrat Arns. „Um diesen Markt der Zukunft weiter und schneller ausbauen zu können, müssen die Unternehmen jetzt stärker investieren.“