Der Transformationsatlas ist eine Bestandsaufnahme der IG Metall zur Digitalisierung und zum ökologischen Wandel. Aus den Angaben der Betriebsräte und Vertrauensleute ergibt sich ein Bild des Digitalisierungsstadiums, der Transformationsstrategie der Unternehmen, der Beschäftigungsstruktur, der Personalentwicklung und Qualifizierung sowie über die in den Betrieben gelebte Mitbestimmung. Die Ergebnisse sind ernüchternd: „Die meisten Unternehmen in Hessen,
Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Thüringen sind auf den Wandel nicht oder nur unzureichend vorbereitet“, fasst Bezirksleiter Jörg Köhlinger zusammen. „39 Prozent der Betriebsräte in unserem Bezirk befürchten für die Zukunft eine zum Teil starke Abnahme der Beschäftigtenzahlen, 48 Prozent sehen keine erkennbare Strategie zur Bewältigung der Transformation, das ist mehr als besorgniserregend.“
Von der Digitalisierung werden aller Voraussicht nach vor allem Berufsbilder in den Bereichen Fertigung und Montage, Verwaltung und Logistik sowie in der technischen Kundenbetreuung massiv betroffen sein. Diese Berufe enthalten große Anteile an Tätigkeiten, deren Ersetzbarkeitspotentiale laut Forschungsergebnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit als hoch einzuschätzen sind.
Köhlinger sieht jetzt die Unternehmen gefordert: „Die Arbeitgeber müssen die kommenden Veränderungen endlich offensiv angehen. Dazu gehören Zukunftsstrategien und Investitionen, eine vorausschauende Personalplanung und eine Qualifizierungsoffensive im Betrieb. Die meisten Unternehmen haben mit der harten Arbeit der Beschäftigten in den vergangenen Jahren hohe Gewinne eingefahren, es ist an der Zeit, dieses Geld in die Zukunftssicherung der Unternehmen und der Arbeitsplätze zu re-investieren.« Alle betrieblichen Interessensvertretungen, die sich für ihren Betrieb noch einen Überblick verschaffen wollen, können auch weiterhin das Instrument des Transformationsatlasses nutzen. Die nötigen
Informationen dazu können bei der IG Metall vor Ort erfagt werden.
Wir sind gemeinsam gefordert, die Transformationsprozesse in unserem Sinne zu gestalten. Beispielhaft für die Aktivitäten der IG Metall im Bezirk Mitte sind zwei Veranstaltungen, die im Mai stattfanden.
Aus den Daten des Betriebsbarometers 2019 der saarländischen Arbeitskammer geht hervor, dass über 70 Prozent der Betriebsräte aus der saarländischen Automobilindustrie die Zukunftsaussichten ihres Betriebes als eher schlecht oder sehr schlecht einschätzen. Auch die Stahlindustrie kämpft mit internationalem Preisdruck und Belastungen durch Emissionszertifikate. Grund genug für die IG Metall-Geschäftsstellen an der Saar, einen gemeinsamen Industriekongress durchzuführen.
In einer ersten Podiumsdiskussion diskutierten Betriebsräte von Saarstahl, SHS, Ford Saarlouis, Schaeffler Technologies Homburg, Eberspächer Neunkirchen, ZF Saarbrücken sowie Jörg Köhlinger, IG Metall Bezirksleiter über die aktuelle Situation. Ihr Fazit: Um den Wandel effizient zu gestalten, braucht es Zeit und politische Unterstützung. Und es braucht verlässliche Rahmenbedingungen.
In einer zweiten Runde zum Thema „Anforderungen an die Politik zur Gestaltung der Transformation“ diskutierten der Publizist Albrecht von Lucke, Christiane Benner, Wirtschafts- und Arbeitsministerin Anke Rehlinger, Dr. Winfried Horstmann (Leiter der Abteilung Industriepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) und Ralf Reinstädtler von der IG Metall Homburg- Saarpfalz. Ihre Quintessenz: Ohne eine starke Industrie hat das Saarland und haben die Saarländerinnen und Saarländer wenig Perspektiven.
In der Thüringer Automobil- und Zuliefererindustrie sind über 50 000 Menschen beschäftigt, sie ist damit die für Thüringen wichtigste Industriebranche.
„Sie steht am Beginn eines Prozesses, der diese Schlüsselindustrie Deutschlands und Thüringens durchschütteln wird“, formulierte Jörg Köhlinger, Bezirksleiter der IG Metall, anlässlich der Veröffentlichung einer Studie zu Gegenwart und Zukunft der Branche in Thüringen, die am 27. Mai in Eisenach vorgestellt wurde. Für diese Studie wurden unter
anderem Betriebsräte und Beschäftigte befragt.
Dabei wurden drei wesentliche Schwächen herausgearbeitet: die Abhängigkeit von Konzernzentralen außerhalb Thüringens, der Mangel an eigener Forschung, Entwicklung und an Investitionskapital sowie die Innovationsschwäche durch Managementdefizite und pfadabhängige Entwicklung. Auch mangele es an guter Arbeit und an Partizipationsmöglichkeiten
der Beschäftigten. Angesichts der Herausforderungen der Transformation stellen die Forscher und Forscherinnen fest, dass das Problembewusstsein bei der IG Metall ausgeprägter sei als beim jeweiligen Management. Einige der daraus abgeleiteten Forderungen: Stärkere Einbindung der Gewerkschaften, landespolitische Unterstützung (temporäre Übernahmen, Landesbürgschaften, finanzielle Unterstützung oder stille Beteiligung von bzw. an Unternehmen), Ausbau von Infrastruktur, Unterstützung von Forschung und Entwicklung, Qualifizierungsmöglichkeiten für Beschäftigte im Transformationsprozess.