1. Juli 2020
Baden-Württemberg
Solidarität gewinnt!
CORONA: Etliche Arbeitgeber nutzen die Krise, um Jobs, tarifliche Standards und Mitbestimmungsrechte anzugreifen. Die Beschäftigten sollen die Kosten der Krise tragen. Das lassen sich Metallerinnen und Metaller nicht gefallen und organisieren Widerstand.

Betriebsratsvorsitzender Ralf Linser ist schockiert: „Dass der Standort dicht gemacht werden soll, begründet der Arbeitgeber mit der Corona-Krise.“ Der Maschinenbauer Raimann in Freiburg will alle Arbeitsplätze in das 300 Kilometer entfernte bayerische Illertissen verlagern. Linser und seine 90 Kolleginnen und Kollegen verstehen das nicht: „Wir haben ein gutes Produkt und haben es am Markt auch gut platziert. Für uns ist die Ankündigung völlig unverständlich. Und wir werden uns den Abbau auch nicht gefallen lassen.“


„Keine Lügen mehr“

Wie den Beschäftigten bei Raimann geht es derzeit vielen Metallerinnen und Metallern. Etliche Arbeitgeber nutzen die Krise, um Arbeitsplätze, tarifliche Standards und Mitbestimmungsrechte anzugreifen. Ihr Plan: Die Beschäftigten sollen die Kosten der Krise tragen. Die Antwort der IG Metall Baden-Württemberg: ihre Kampagne „Solidarität gewinnt!“ und ein Feuerwerk an betrieblichen Aktionen und Protesten. Denn nicht nur bei Raimann in Freiburg stehen die Menschen in rauen Zeiten (mit dem nötigen Sicherheitsabstand) dicht zusammen.

Auch beim Metzinger Traditionsunternehmen Müller und Bauer ist die Belegschaft auf Krawall gebürstet. Sie will ihren Tarifvertrag zurück, der vor mehr als 20 Jahren gekündigt wurde. Anfang Juni machten 50 Beschäftigte ernst, legten die Arbeit nieder und gingen in den Warnstreik. Sie sind es leid, um Lohnerhöhungen betteln zu müssen und sich jedes Jahr aufs Neue zu fragen, ob es nun Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt oder nicht. Ihr Motto: „Solidarität gewinnt! Wenn wir zusammenhalten, ist alles möglich!“


Aufzahlung durchgesetzt

Proteste und Aktionen zeigen Erfolg. Wie beispielsweise bei Heckler in Niefern-Öschelbronn, wo rund 200 Beschäftigte Kaltfließpressteile aus Stahl formen – vorwiegend für die Autoindustrie. Der Betrieb ist (noch) nicht tarifgebunden. Aufgrund von Corona wurde Kurzarbeit eingeführt. Ohne Aufzahlung. Anders als in den tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie. IG Metall und Betriebsrat haben der Forderung nach einer Aufstockung des Kurzarbeitergelds bei Betriebsrundgängen und mittels eines Flugblatts Nachdruck verliehen. Der Arbeitgeber lenkte ein, eine Aufzahlung wurde vereinbart.

Kein Einzelfall. Im Bereich Bosch Powertrain Solutions zeigen die Aktiven der IG Metall ebenfalls, was Solidarität bringt: Dort arbeiten rund 9000 Beschäftigte an Antriebssträngen – in Forschung und Entwicklung wie in der Fertigung. Der Autozulieferer ist vom Umstieg auf Elektroautos besonders betroffen, das war schon vor Corona klar. Betriebsräten und IG Metall ist es aber gelungen, Anfang 2020 Zukunftsvereinbarungen abzuschließen.

In der Corona-Krise arbeiten die Entwickler jetzt in Kurzarbeit und im Homeoffice. Vorteil hier: eine gute digitale Infrastruktur – auch für die gewerkschaftliche Arbeit. Die IG Metall hat zusammen mit den Vertrauensleuten regelmäßige Videokonferenzen angeboten, bei denen durchschnittlich rund 130 Vertrauensleute teilgenommen haben. Dabei wurden unter anderem Defizite im betrieblichen Umgang mit der Kurzarbeit aufgedeckt und gemeinsam mit den Betriebsräten behoben.

Landauf, landab: Die Arbeitgeber merken, dass es der IG Metall ernst ist mit Zukunftsperspektiven für die Beschäftigten und dass diese nicht bereit sind, die Kosten zu tragen. Und das ist gut so, freut sich Bezirksleiter Roman Zitzelsberger: „Wir lassen die Arbeitgeber nicht aus ihrer Verantwortung.“


Petition gegen Arbeitgeberwillkür

Etliche Arbeitgeber greifen  Tarifverträge und Mitbestimmungsrechte an. Deshalb müssen wir zusammenstehen und die Herausforderungen offensiv und solidarisch angehen. Werde Teil unserer Bewegung, setze Dich für die Rechte der Beschäftigten ein und unterzeichne unsere Online-Petition!
bit.ly/3chbubK

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Foto: IG Metall
Zusammenhalten Bei einer aktiven Mittagspause beim Maschinenbauer Raimann haben Beschäftigte auf Plakaten eine mögliche Verlagerung kommentiert. Dank solcher Proteste hat die IG Metall durchgesetzt, dass Alternativkonzepte zur Verlagerung mit externer Unterstützung ernsthaft geprüft werden.

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