Die Gründung von Betriebsräten bei dem Entwicklungsdienstleister Bertrandt ist „ein Meilenstein in einer stark wachsenden Branche“. So sieht es die Geschäftsführerin der IG Metall Wolfsburg, Ricarda Bier. Viele Beschäftigte von Bertrandt sind froh darüber, dass sie jetzt ein Mitbestimmungsgremium haben. Das war nämlich jahrelang nicht der Fall, wie bei vielen Unternehmen dieser Branche, die dadurch entstanden ist, dass Automobilhersteller Teile ihrer Entwicklungsarbeit immer häufiger an externe Entwickler ausgelagert haben. Mit etwa 13 000 Beschäftigten in Deutschland ist Bertrandt Marktführer bei der Entwicklungsdienstleistung. Die Branche war lange kaum organisiert, und Betriebsräte waren fast nicht vorhanden.
Das ändert sich jetzt dank intensiver Bemühungen der IG Metall. Ende letzten Jahres bildeten sich aus einem Kreis von Aktiven bei Bertrandt Wahlvorstände in Wolfsburg und Ingolstadt. Das Management von Bertrandt versuchte zwar noch gegenzusteuern, doch der Wunsch der Beschäftigten nach betrieblicher Mitbestimmung setzte sich durch. Ein Blog im Internet begleitete von Anfang an den Prozess. Dort äußerten sich Betriebsräte von anderen Unternehmen solidarisch mit dem Vorhaben. Das und weitere Social-Media-Aktivitäten machten den Beschäftigten bei Bertrandt viel Mut. Regelmäßige Treffen der Aktiven und der Austausch beider Standorte trugen erheblich zur Motivation bei.
Mit einer hohen Wahlbeteiligung von 70 Prozent fanden Ende letzten Jahres Betriebsratswahlen statt. Danach konstituierten sich die Betriebsratsgremien. In Wolfsburg ist die Metallerin Anke Janik die Vorsitzende, in Ingolstadt führt der Metaller Jan Conrad zusammen mit dem Vorsitzenden Alexander Sieber das Betriebsratsbüro. Inzwischen haben erste Betriebsversammlungen stattgefunden.
„Entscheidend für den Erfolg der Wahlkampagne war die Synchronisierung der Prozesse an beiden Standorten und die zeitlich parallele Vorbereitung der Wahlen“, erklärt das geschäftsführende Vorstandsmitglied der IG Metall Irene Schulz. Die Beschäftigten, die mutig das Projekt Betriebsratsgründung verfolgt haben, blicken auf eine aufregende Zeit zurück. Die Geschäftsführung von Bertrandt sieht die betriebliche Mitbestimmung inzwischen weniger kritisch, sagt Karl Musiol, der zuständige Gewerkschaftssekretär in Ingolstadt. „Es läuft von Tag zu Tag besser.“ Sein Kollege Kai-Martin Winter freut sich, dass es in Wolfsburg sogar schon zwei Gremien gibt. Der Betriebsrat des Ingenieurbüros mit 17 und der der Bertrandt Technologie GmbH mit 13 Mitgliedern. Beide Gremien haben schon Grundlagenschulungen absolviert. Im Ingenieurbüro gibt es sogar schon eine Betriebsvereinbarung. „Im Hinblick auf die kurze Arbeitsdauer sind die Gremien mit der Unterstützung der IG Metall Wolfsburg extrem gut vorangekommen“, sagt Winter.
Die Betriebsratsgründung bei Bertrandt ist ein ein Vorbild auch für andere Entwicklungsdienstleister. Starke Betriebsräte sorgen für mehr Zufriedenheit unter den Mitarbeitern und stärken die Innovationskraft im Unternehmen. Um weitere Unternehmen zu erreichen, sind die Betriebsräte im EDL-Arbeitskreis der IG Metall miteinander vernetzt.