1. Juni 2019
Transformation
„Dann müssen wir die Gabelstaplerfahrer retten“
Birgit Dietze, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, spricht über Transformation, #FairWandel und das Tal der Ahnungslosen.

Birgit, Ihr habt mit der Geschäftsstelle Berliner Betriebsrätinnen und -räte für den Transformationsatlas der IG Metall interviewt. Welche Ergebnisse hat die Befragung ergeben?

Birgit Dietze: Nach Angaben der Befragten nimmt die Digitalisierung der Produkte rasant zu, während sie im Produktionsprozess langsamer stattfindet. Sie sehen die Digitalisierung auf einem guten Weg, fühlen sich aber im Transformationsprozess zu wenig beteiligt.


Was folgt aus dem Transformationsatlas?

Betriebsrätinnen, Vertrauensleute und Gewerkschaftssekretäre müssen die Transformation aktiver begleiten. Wir alle müssen mehr nachfragen. Welche Technologien entstehen aktuell, welche Chancen, welche Veränderungen gehen davon für die Arbeitsplätze aus? Das Tal der Ahnungslosen ist eine große Gefahr.


Kannst Du ein Beispiel geben?

Nehmen wir Logistiker in der Autoindustrie. Sie sorgen dafür, dass die Einzelteile zeitgenau ans Band kommen. Datenhandschuhe machen die Arbeit der Beschäftigten effizienter, weil sie Fehler verhindern. Mit künstlicher Intelligenz und autonomem Fahren aber ist die totale Automatisierung der Logistik vom Hochlager bis zum Band nicht mehr weit.


Welche Herausforderungen entstehen dadurch?

Zum einen vereinfacht sich die Arbeit im Lager. Beschäftigten droht dadurch eine schlechtere Eingruppierung. Wird im zweiten Schritt die komplette Logistik automatisiert, müssen wir als IG Metall die Gabelstaplerfahrer retten, indem wir früh zeitig ihre Qualifizierung einfordern.


Mit der #FairWandel-Demonstration in Berlin meldet die IG Metall ihren Gestaltungswillen für die Transformation an. Warum?

Es ist klar, dass wir uns auf den Weg der Dekarbonisierung machen müssen. Es braucht dafür aber einen konsistenten Plan. Die Politik ist hier stark gefordert. Wir müssen den ökologischen Wandel mit unseren sozialen Zielen verknüpfen. Das muss gleichzeitig, schnell und nachhaltig gehen. Denn ansonsten fliegen uns die Gesellschaft oder das Klima um die Ohren.


Der Siemens-Vorstand hat Anfang Mai verkündet, dass er das Herz von Siemens ― die Gas- & Power- Sparte ― ausgliedern will. Ist das schon Transformation?

Einerseits. Das ergibt sich aus der Fokussierung auf die Industrie 4.0-Technologien. Zugleich hätten wir uns gewünscht, dass einer der wichtigsten deutschen Technologiekonzerne eine eigene gewichtige Verantwortung für die Energiewende wahrnimmt. Das passiert mit dieser Ausgliederung so nicht.
 

Wie hat die Arbeitnehmerseite reagiert?

Das Team von Gesamtbetriebsrat und IG Metall hat einen sehr guten Job gemacht und konnte den Verkauf an asiatische Mitbewerber abwenden. Nach zähen Verhandlungen hat der Vorstand Tarifbindung, Sitz in Deutschland und einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen zugestimmt.


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