Es waren schon merkwürdige sieben Wochen für die Auszubildenden von Arcelor-Mittal in Eisenhüttenstadt. Statt der Ausbildung in Betrieb und Berufsschule war Lernen zu Hause angesagt. Alles wegen Corona. „Jede Woche bekamen wir Aufgaben, die wir zu Hause bearbeiten sollten, mit viel Mathe drin“, erzählt Emely Mischke. „Donnerstags konnten wir unseren Ausbilder anrufen und Fragen stellen. Am Freitag mussten wir die Lösungen abgeben. Ein anspruchsvolles Wochenprogramm. Ohne Zeitplan wäre man ins Schleudern gekommen.“
Emely macht bei Arcelor-Mittal eine Ausbildung zur Werkstoffprüferin. Das Lernen zu Hause hatte durchaus seinen Reiz. „Wir haben untereinander Arbeitsgruppen gebildet und uns über Whats-App ausgetauscht. Das hat gut geklappt und Spaß gemacht. Aber jetzt bin ich froh, dass ich wieder praktisch arbeiten kann“, sagt die 18-Jährige, während sie voll konzentriert an der Drehmaschine steht.
Jens Liebelt ist als Ausbildungsleiter bei Arcelor-Mittal in Eisenhüttenstadt für knapp 200 Auszubildende und dual Studierende zuständig. Sein Fazit nach vier Wochen Ausbildung im Remotemodus: „Die Auszubildenden sind mit dem Erarbeiten des Stoffs gut vorangekommen. Da sind eigentlich keine Lücken entstanden. Im Gegenteil, sie haben durch die Sondersituation gelernt, sich zu organisieren. Es war ganz wichtig, ihnen zu vermitteln, dass wir für sie da sind.“
Sehr gut war die Zusammenarbeit mit dem Qualifizierungszentrum in Eisenhüttenstadt. Über das sogenannte digitale Klassenzimmer konnten die Auszubildenden in einem speziellen Lehrgang online eine Programmiersprache lernen. „Das hat es so noch nicht gegeben“, sagt Liebelt. Für das Hochfahren der Ausbildung im Betrieb sind die Auszubildenden jetzt in zwei Schichten eingeteilt. Die Ausbilder unterrichten in kleinen Klassen, damit der Abstand gewahrt bleibt. Die erste Schicht beginnt um 6 Uhr und dauert bis 12 Uhr. Für zu Hause gibt es dann noch Hausaufgaben. Die Spätschicht der Auszubildenden geht von 12.30 bis 18.30 Uhr.
„Mir ist wichtig, dass alle Beteiligten die Erfahrungen der Coronazwangspause mitnehmen und mit neuem Schwung an die Ausbildung gehen“, sagt Liebelt. Sein Blick richtet sich schon auf den nächsten Jahrgang, der im September startet.
„Leider können wir dieses Jahr nicht auf Berufsschulmessen und in Schulen über unsere Ausbildungsmöglichkeiten informieren. Aber wir machen viel über Social Media“, sagt Liebelt. Bewerbungsgespräche und Einstellungstests werden aber weiterhin vor Ort stattfinden. Ausbildungsplätze werden nicht reduziert. „Jährlich nehmen wir mindestens 54 junge Leute, das muss auch so bleiben“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Dirk Vogeler. „Es ist wichtig, dass wir jungen Menschen eine Perspektive geben.“