Für den einen Kollegen ist es schwierig, die Betreuung seines Kindes zu organisieren, für den anderen, Zeit freizuschaufeln, um seine Eltern zu pflegen. Eine Beschäftigte belasten die Wochenendarbeitszeiten sehr, die andere leidet unter dem Schichtsystem. Einer will mehr Freiraum fürs Vereinsleben, die andere einen Sprachkurs besuchen. Was bleibt: Menschen müssen entscheiden können, wie sie arbeiten und leben wollen. Arbeit und Leben in Einklang aber bringt die Gleichstellung von Frauen und Männern.
Die IG Metall hilft dabei, mehr Selbstbestimmung und eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Leben zu erreichen. Das beweist der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie von 2018 mit verkürzter Vollzeit und T-Zug. Besonders erfreulich: Es nehmen sich auch viele Männer Zeit für Kindererziehung oder Pflege. Die Regelungen sind also ein großer gleichstellungspolitischer Erfolg. Auch der Tarifabschluss in der Eisen- und Stahlindustrie von 2019 ermöglicht mehr Zeitsouveränität: Ab 2020 erhalten alle Beschäftigten eine zusätzliche tarifliche Vergütung, die im Juli ausgezahlt wird. Wahlweise können die Beschäftigten diese Vergütung in freie Tage umwandeln.
Es tut sich was: „Der Kulturwandel zu mehr Gleichstellung von Frauen und Männern kommt voran“, betont Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall. Immer mehr Beschäftigte wünschen sich ein partnerschaftliches Modell, in dem sich Eltern oder Paare die Erwerbsarbeit, den Haushalt oder die Kinderbetreuung in etwa gleich aufteilen – oder es versuchen. Auch einige Unternehmen haben erkannt, wie wichtig eine gute Balance ist: Sie ermöglichen eine sechsmonatige Elternzeit bei vollem Gehalt und Sonderzahlungen nach der Geburt oder erkennen Erziehungszeiten als Karrierebaustein für Führungskräfte an – und das sind nur ein paar Beispiele.
„Das reicht aber nicht“, weiß Christiane Benner. Sie fordert: "Wir brauchen noch mehr und stärkere Anstrengungen von den Betrieben, in der Gesellschaft.“ Die IG Metall setzt sich für echte Chancengleichheit ein. „Und die gibt es erst, wenn überall Entgeltgerechtigkeit, gerechte Entwicklungsmöglichkeiten und mehr Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bestehen.“ Die IG Metall will, dass Arbeitszeit gerecht verteilt ist, damit nicht bei den einen ständige Überstunden und Leistungsdruck die Gesundheit belasten, während die anderen in Mini- und Teilzeitjobs gedrängt werden, die nicht zum Leben reichen. Es muss allen Unternehmern und Führungskräften klar sein, dass sich Zeiten für Kindererziehung und Pflege nicht nachteilig auf den beruflichen Werdegang von Beschäftigten auswirken dürfen.
Immerhin rutschen mittlerweile weniger Frauen in die Teilzeitfalle. Denn die gesetzliche sogenannte Brückenteilzeit, mit der Beschäftigte ihre Arbeitszeit vorübergehend verkürzen können, bringt die Gleichstellung voran. Alle Beschäftigten müssen aber einen Rechtsanspruch auf eine befristete Arbeitszeitreduzierung haben, die sie auch wiederholt und ohne Sperrfrist in Anspruch nehmen können.
Die Gesetzgebung in Deutschland begünstigt noch immer manche Arbeits- und Lebensmodelle. Im Nachteil sind nach wie vor solche, in denen Männer und Frauen eine gute Balance zwischen Erwerbs- und Privatleben anstreben. Für veränderte Lebensentwürfe müssen aber neue Antworten her.
Hier berichten Lisa Koischwitz, beschäftigt bei Volkswagen Sachsen in Zwickau, und Torsten Wagner, der bei Continental Teves in Frankfurt arbeitet, von ihren Lebensentwürfen, den Problemen bei der Vereinbarkeit und wie sie in ihrer Familie gemeinsam alle Widrigkeiten meistern.