Audi, Bosch, Brose, Continental, Daimler, Harman, Mahle, Opel, Schuler, Voith Turbo: In den vergangenen Monaten haben sich die Meldungen über Stellenabbau in der Metall- und Elektroindustrie förmlich überschlagen. Besonders betroffen ist die Autoindustrie: Über die Hälfte der Betriebe will Personal abbauen. Das zeigen Erhebungen der IG Metall. In den nächsten drei Jahren sollen mehr als 50 000 Arbeitsplätze wegfallen.
Die Betriebe stehen vor der Transformation – dem Wandel durch Digitalisierung und Umstieg auf Elektroautos. Die Hälfte der Betriebe hat bislang keine Strategie dafür. Keine neuen Produkte. Dadurch sind weitere 180 000 Arbeitsplätze gefährdet.
Dazu kommt, dass die Konjunktur in der Metall- und Elektroindustrie in den vergangenen Monaten schwächelte.
Etliche Unternehmen nutzen die Situation aus. Sie bauen Personal ab, um ihre Gewinne zu steigern. Die Zeit drängt. Die Beschäftigten brauchen Sicherheit. Schnell. Jetzt. Aber auch für die Zukunft. Das war für die Betriebsräte und Vertrauensleute der IG Metall bei der Diskussion in den Tarifkommissionen schnell klar.
Ziel der IG Metall in der Metall-Tarifrunde 2020 ist ein „Zukunftspaket“ für einen fairen Wandel, mit tariflichen Regeln zur Sicherung von Arbeitsplätzen – jetzt und für die Zukunft. Seit Anfang Februar laufen Sondierungsgespräche mit den Arbeitgebern.
Parallel dazu diskutieren die IG Metall-Mitglieder in den Betrieben und Tarifkommissionen über die konkreten Ziele für die weiteren Verhandlungen.
In den Betrieben sollen in Zukunftstarifverträgen Investitionen, Produkte und nötige Qualifizierungen für die Beschäftigten festgeschrieben werden. (Foto: Frank Rumpenhorst)
Die bisherigen Eckpunkte des Zukunftspakets: Bei Auftragsmangel sollen nicht Stellen, sondern Arbeitszeiten gekürzt werden – und zwar so, dass die Beschäftigten möglichst kein Geld verlieren. Etwa durch Abbau von Arbeitszeitkonten oder Kurzarbeit mit Aufzahlung durch den Arbeitgeber. Außerdem sollen entsprechend der demographischen Entwicklung mehr Beschäftigte in Altersteilzeit gehen können.
Um gute Arbeit für die digitale und ökologische Zukunft zu sichern, will die IG Metall tariflich durchsetzen, dass die Arbeitgeber sich auf Verhandlungen zu Zukunftstarifverträgen in ihren Betrieben einlassen müssen. Dort sollen konkrete Investitionen, Produkte und die nötige Qualifizierung für die Beschäftigten festgeschrieben werden.
Alle sollen das Recht auf Qualifizierung mit staatlicher Förderung erhalten.
Damit das Zukunftspaket funktioniert, muss auch die Politik mitmachen: Kurzarbeit erleichtern und auf bis zu 24 Monate verlängern. Und Qualifizierung stärker und gezielter fördern. SPD und CDU/CSU haben bereits verabredet, dass sie diese Vorschläge aufnehmen.
Nicht alle Betriebe haben Probleme. Bei rund einem Drittel läuft es gut. Auch 2019 machte die Metall- und Elektroindustrie gute Gewinne. Und es geht wieder aufwärts: 2020 soll die Wirtschaft wieder um 1,1 Prozent wachsen. Mit plus 0,7 Prozent ist der private Konsum der Treiber des Wachstums. Die IG Metall will daher auch 2020 eine Entgelterhöhung, die die Kaufkraft stärkt.
In der Diskussion ist auch ein Bonus für Nachhaltigkeit. Etwa als Zuschuss für Bus- und Bahntickets, für Ökostrom, zum Laden von Elektroautos oder für das Leasing von E-Bikes. Öko muss man sich auch leisten können.
Eine weitere Forderung sind Tarife für dual Studierende. Sie werden immer mehr in den Betrieben. Doch Tarifverträge gelten für sie bisher nicht. In der Debatte ist zudem eine Verbesserung der Altersversorgung.
Nach 30 Jahren Einheit müssen die Beschäftigten in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie immer noch 38 Stunden in der Woche arbeiten – drei Stunden mehr als im Westen.
Seit Jahren versucht die IG Metall, verbindliche Schritte zur Angleichung der Arbeitszeiten auf 35 Stunden auszuhandeln.
Doch auch nach 30 Jahren Einheit mauern die Arbeitgeber weiter. Die Metallerinnen und Metaller im Osten wollen endlich eine Lösung.
Die Diskussionen in den Betrieben und Tarifkommissionen laufen. Jetzt starten die offiziellen Tarifverhandlungen. Bundesweit sind Aktionen und Kundgebungen geplant. Am 28. April läuft die Friedenspflicht aus. Die Vorbereitungen für Warnstreiks laufen bereits.