Der Hochofen hat Tradition. Ruhrgebiet und Saarland sind schwer vorstellbar, ohne die von ihm geprägte markante Kulisse. Seit dem 14. Jahrhundert dient der Hochofen zur Stahlproduktion. Über die Jahrhunderte hat sich das Verfahren bewährt, die Stahlwerke haben es perfektioniert. Gegenwärtig stellt die Hochofenroute rund 95 Prozent des weltweit produzierten Roheisens her.
Und das geht so: Als Reduktionsmittel dient Kohle. Mit ihrer Hilfe wird der im Eisenerz enthaltene Sauerstoff gebunden: Dabei entsteht Roheisen. Anschließend wird im Sauerstoffkonverter aus Roheisen Rohstahl. In beiden Schritten entsteht allerdings eine Menge CO₂. Unterm Strich ist die Stahlindustrie so für fünf Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich und zählt damit zu den größten Emittenten. Die große Herausforderung: Um das EU-Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein, erreichen zu können, muss sich die Stahlindustrie komplett umkrempeln.
Utopisch? Nein! Wie sie klimaneutral produzieren können, wissen die Beschäftigten und Betriebe: Das Direktreduktionsverfahren kann Eisenerz mithilfe von Wasserstoff zu Eisenschwamm reduzieren. Dieser wird anschließend im Elektrolichtbogenofen zu Rohstahl verarbeitet. Durch dieses Verfahren lassen sich auf der gesamte Prozesskette bis zu 95 Prozent der CO₂-Emissionen einsparen.
Doch einen Haken gibt es: Was technisch machbar ist, scheitert an der Politik. Sie hat bisher nicht die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen. Was fehlt? Die klimaneutrale Stahlerzeugung fräße zusätzlich 130 Terrawattstunden Strom pro Jahr, um die benötigten 1,8 Millionen Tonnen Wasserstoff bereitzustellen. Dafür müssen Betreiber rund 12 000 weitere Windkraftanlagen bauen. Auch an der Infrastruktur für den Transport von Wasserstoff, beispielsweise Pipelines, mangelt es. Dazu kommt: So ein Umbau der Produktion ist teuer. Hier muss die Politik unterstützen. Denn aus eigener Kraft kann die angeschlagene Branche die nötigen Investitionen nicht stemmen.
Zu guter Letzt: Es bringt nichts, klimaschonenden Stahl zu produzieren, wenn dieser „saubere“ Stahl verdrängt wird von Stahl aus dem Nicht-EU-Ausland, der billiger, aber mit hohen CO₂-Emissionen verbunden ist. Notwendig ist eine Importsteuer, die es lohnenswert macht, klimaschonend Stahl zu produzieren.