1. März 2020
Jens Knüttel
Lisa Koischwitz im Portrait
Rollenklischees aufbrechen
Lisa Koischwitz arbeitet voll, ihr Mann hat Stunden reduziert. Beide setzen auf eine gleichberechtigte Partnerschaft – oft ein Spagat. Darum kämpft Lisa für eine familienfreundliche Arbeitskultur.

„Um Beruf und Privatleben gut miteinander zu vereinbaren, braucht es eine Familie, in der jeder anpackt“, sagt Lisa Koischwitz, 29. Die zweifache Mutter arbeitet Vollzeit in der Logistik der Pilothalle bei Volkswagen Sachsen in Zwickau. Außerdem ist sie dort stellvertretende Vertrauenskörperleiterin. Daneben leistet sie viele Stunden im Ehrenamt für die IG Metall: Frauennetzwerk, Bezirksfrauenausschuss, Vertrauensleuteausschüsse und Konferenzen.

Ihr Ehemann Daniel, Physiotherapeut, hat seine Arbeitszeit auf 32 Stunden reduziert, um mehr Zeit für die Kinder und die Arbeit zu Hause zu haben. Die Elternzeitmonate haben sie nahezu gleich aufgeteilt. „Das war für uns ganz selbstverständlich“, sagt Lisa Koischwitz. „Wir legen großen Wert auf eine gleichberechtigte Partnerschaft und Arbeitsteilung. Das klappt aber auch nur, wenn die ganze Familie an einem Strang zieht“. Ihr Mann tauscht schon mal Schichten, wenn bei ihr einwöchige Vertrauensleuteseminare anstehen. Mit ihren direkten Kollegen am Arbeitsplatz funktionieren die Absprachen ebenfalls gut, erzählt sie. „Die sind verständnisvoll.“ Lisa Koischwitz arbeitet im Gleitzeitmodell, nur Frühschicht, meist ab sechs Uhr, damit sie dienstags und donnerstags – dann hat ihr Mann lange Arbeitstage – die fünfjährige Swea vom Kindergarten abholen und sich um die siebenjährige Frida kümmern kann. Problematisch wird es dann, wenn Termine im Betrieb spontan für spät am Nachmittag angesetzt werden.

„Wir wollen viel gemeinsame Zeit zu viert verbringen, sie soll nicht nur für Hausaufgaben und Essen machen draufgehen.“ Dafür erkämpft die Familie sich Freiräume, immer wieder aufs Neue. Sehr entgegen kommt ihnen da, dass Lisa Koischwitz acht zusätzliche Tage im Jahr frei hat. Diesen Anspruch statt Geld (T-Zug) hat die IG Metall 2018  in der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie erstritten.


IG Metall-Betriebsrat kämpft für Rückkehrer nach der Elternzeit

Ein familienfreundliches Verständnis wünscht sich Lisa Koischwitz von noch mehr Kollegen im Betrieb. Sie überlegt lang, wählt ihre Worte mit Bedacht: „Ja, viele Frauen haben im Betrieb nach wie vor Schwierigkeiten, Anerkennung zu bekommen für die Arbeit, die sie in Teilzeit leisten.“ Leider müssten sie sich immer wieder dafür rechtfertigen, dass sie ihre Arbeitszeit reduziert haben. „Das hat für mich nichts mit einer familienfreundlichen Arbeitskultur zu tun.“

Das müsse sich unbedingt ändern. Gerade für Kolleginnen, die nach einer Geburt oder einer Elternzeit wiederkehren, sei es oft schwierig, in Normal- oder Gleitschicht zu kommen. „Da kämpft unser Betriebsrat der IG Metall-Fraktion hart um jede einzelne Stelle. Das ist auch sehr wichtig.“

Was ist außerdem notwendig für mehr Gleichstellung? „Vorbilder in den Betrieben. Frauen müssen es anpacken, andere mitziehen“, sagt Lisa Koischwitz. „Damit mehr Kolleginnen selbstbewusst auftreten, sich engagieren, aktiv einbringen und vorangehen. Denn nur so werden die klassischen Rollenbilder irgendwann vollständig aufgebrochen.“


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