Jugendliche im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) genießen einen erweiterten Unfallversicherungsschutz. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. Danach gelten für Minderjährige hier zumindest ähnliche Grundsätze wie in der Schülerunfallversicherung.
Damit gab das BSG einer Jugendlichen recht, die vor ihrem FSJ einen Einführungskurs in einer ländlich abgeschiedenen Bildungseinrichtung absolvierte. Täglich gab es von 9 bis 18 Uhr Seminare. Danach war Freizeit angesagt, in der Betreuende verschiedene Angebote machten. Auf dem Weg zu einem solchen Angebot entdeckte die 16-Jährige zusammen mit weiteren Teilnehmern ein großes Hüpfkissen. Nach anfänglich harmlosem Hüpfen entstand eine neue Idee: Das Mädchen sollte sich auf eine Seite des Kissens setzen und die acht anderen Teilnehmer gleichzeitig auf die andere Seite springen, um sie in die Luft zu katapultieren. Die Klägerin flog zunächst – wie von der Gruppe beabsichtigt – in die Luft, landete dann aber auf der aus einem Sand-Kiesgemisch bestehenden Umrandung. Dabei brach sie sich mehrere Wirbel.
Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab.
Das BSG entscheidet zugunsten der Klägerin: Schafft der FSJ-Träger auf einem Einführungsseminar mit dem Aufstellen eines unbeaufsichtigten Hüpfkissens eine erhöhte Gefahr „für die ungehemmte Entfaltung jugendlicher leichtsinniger Spielereien und gruppendynamischer Prozesse“, kann die gesetzliche Unfallversicherung für Sturzfolgen zur Verantwortung gezogen werden. Das gilt insbesondere, wenn die jugendlichen Arbeitnehmer durch die Umstände der Seminarreise in die Lage versetzt wurden, sich besonderen Gefahren auszusetzen. Das Hüpfkissen als Sportgerät birgt schon aufgrund seiner Beschaffenheit erhebliche Verletzungsgefahren in sich, so die Richter.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt bereits fast 17 Jahre alt war. Zwar dürfte der Spieltrieb mit fortschreitendem Alter abnehmen, doch kann dieser gerade in Gruppen Gleichaltriger wieder aufleben und durch gruppendynamische Prozesse, wie sich gegenseitig „anfeuern“ oder „hochschaukeln“, verstärkt werden. Gerade in solchen Situationen besteht die Gefahr, dass Jugendliche von übermütigen Ideen mitgerissen werden und sich unter dem Eindruck der Gruppendynamik erheblichen Gefahren für die körperliche Unversehrtheit aussetzen.
BSG vom 6. Oktober 2020 – B 2 U 13/19 R
Tjark Menssen ist Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH und schreibt in jeder Ausgabe über Fälle aus der Praxis.