1. Mai 2020
Metallzeitung
Tenneco verlangt weiteren Verzicht
Der Arbeitgeber fordert Gehaltskürzungen, Entlassungen und Produktionsverlagerungen

Erst 2018 wurde ein Ergänzungstarifvertrag (ETV) bei Tenneco vereinbart. Ein Aspekt dieses Vertrages sind zukünftige Verzichte der Kolleginnen und Kollegen im Umfang von 24 Millionen Euro. Nun ist der Arbeitgeber wieder mit Forderungen an die IG Metall und den Betriebsrat herangetreten. Dazu ein Gespräch mit Elke Matejka, Betriebsratsvorsitzende, und Dirk Schneider, Vertrauenskörperleiter.

Euer Arbeitgeber hat die IG Metall und den Betriebsrat nun mit seinem „Szenario 2023“ konfrontiert. Was sind die Kernpunkte seines Forderungskatalogs?

Die Annahmen und Erwartungen von Tenneco für das Jahr 2019 und 2020 hatten sich nicht bestätigt. Das globale Management von Tenneco fordert deswegen unverzügliche Einkommenskürzungen zwischen 4000 Euro und 7000 Euro beim Jahreseinkommen, 175 Entlassungen und die Verlagerung von Produktion an andere Standorte. Ab September 2020 soll das Werk operativ eine schwarze Null vorweisen. Diese Vereinbarung sollte bis Ende März mit IG Metall und Betriebsrat abgeschlossen sein, ansonsten würde Tenneco global den Standort Wiesbaden aus der Holding herauskündigen. Die Konsequenz wäre die Insolvenz des Werkes.

Wie war die Reaktion der IG Metall-Mitglieder im Betrieb?

Die Kolleginnen und Kollegen waren und sind geschockt, enttäuscht und sauer. Der ETV wurde zähneknirschend akzeptiert und angenommen. In der letzten Betriebsversammlung konnte das Management die Beschäftigten nicht von der Notwendigkeit seines Konzeptes überzeugen. Entsprechend kritisch war auch die Diskussion in der Mitgliederversammlung.
Auch wir als verantwortliche Betriebsräte erleben seit vielen Jahren Fehlentscheidungen des jeweiligen Managements: Verlagerungen von Produktion, Personalabbau, keine nachhaltigen Investitionen. Das Werk macht seit Jahren Minus. Die Schuldigen waren dann aber immer nur die jeweiligen Vorgänger. Trotzdem hatten wir als IG Metall und Betriebsrat unseren Mitgliedern empfohlen, uns ein Verhandlungsmandat zu erteilen. Nicht weil wir uns durch die Insolvenzdrohung erpressen lassen, sondern weil wir dem regionalen Management die Chance geben wollen, uns ihre Vorstellungen detailliert zu erläutern.

Wie ist der derzeitige Verhandlungsstand?

Bisher wurde nicht verhandelt. Ein sehr wichtiger Punkt vor der Aufnahme von Verhandlungen war die Forderung des Managements, vorzugsweise betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu können. Dies ist für uns jedoch nicht verhandelbar! Das hat das Management akzeptiert. Einen Personalabbau kann es nur über angebotene Aufhebungsverträge geben. Auch das Thema Abgruppierung ist vom Tisch. Unsere Kolleginnen und Kollegen sind nach dem ERA-Tarifvertrag eingruppiert und daran wird auch nicht gerüttelt. Auch dies hat das Management akzeptiert, so dass jetzt die Voraussetzungen für die Aufnahme von Gesprächen gegeben sind.
Klar ist aber: Gespräche führen kann zu einem Ergebnis führen oder auch nicht. Das ist absolut offen. Das Management wollte trotz Corona direkte Verhandlungen aufnehmen. Das hatten wir abgelehnt – Gesundheitsschutz gilt auch für uns.
Im ersten Schritt hatten wir gemeinsam mit EWR Consulting einen Fragenkatalog an den Arbeitgeber gesendet. Wir erwarten die Antworten. Allerdings hat Tenneco global die Situation noch einmal sehr verschärft. Der CEO fordert aktuell weltweit Gesamtlohnkostenkürzungen für das 2. Quartal 2020 von mindestens 25 Prozent und für das 3. Quartal von 10 Prozent. Dies macht seriöse Verhandlungen noch schwieriger. Das Misstrauen gegenüber dem globalen Management ist aufgrund deren Unberechenbarkeit sehr groß.

Was werden die nächsten Schritte sein?

Unsere betriebliche Tarifkommission besteht aus 23 Kolleginnen und Kollegen. Zurzeit befinden sich alle in „Kurzarbeit null“. Treffen können daher keine stattfinden. Deshalb erfolgt zurzeit die Abstimmung über die weitere Vorgehensweise nur innerhalb der Verhandlungskommission. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben uns einen großen Vertrauensvorschuss gegeben. Klar ist: Es gibt keine Entscheidungen ohne Zustimmung der betrieblichen Tarifkommission und der IG Metall-Mitglieder.

alt

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