Jörg Hofmann: Das ist ein solidarisches Ergebnis, das einer Krise angemessen ist und das nur dank der über eine Million Beschäftigten in den Warnstreiks möglich war. Die Arbeitgeber wollten Corona ausnutzen. Die Beschäftigten sollten die Krise bezahlen, ohne Sicherheiten für ihre Zukunft. Doch wir haben zu all unseren zentralen Forderungen etwas erreicht: neue Möglichkeiten, um durch kürzere Arbeitszeiten langfristig Arbeitsplätze zu sichern. Auch eine 4-Tage-Woche ist möglich. Wir haben den Fuß in der Tür, um Zukunft durch Zukunftstarifverträge zu gestalten. Außerdem bekommen die Beschäftigten jetzt doch Geld: eine Coronaprämie dieses Jahr. Nächstes Jahr kommt das neue Transformationsgeld hinzu, das Betrieben ermöglicht, Geld in Zeit wandeln zu können, um Arbeitszeiten mit einem teilweisen Entgeltausgleich abzusenken.
Nach der individuellen Wahl zwischen Geld und Zeit beim T-ZUG haben wir nun neue kollektive Wahlmöglichkeiten für Betriebe bei akuten Krisen – aber auch für eine längere Transformation, etwa die Umstellung auf klimafreundliche Produktion. Bis zu 36 Monate lang kann die Arbeitszeit nun abgesenkt werden, nicht nur um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, sondern auch um Ausbildungszahlen zu halten und Auszubildende zu übernehmen oder Fachkräfte zu sichern. Wichtig ist: Wenn Arbeitszeit reduziert wird, müssen für die Beschäftigten attraktive Arbeitszeitmodelle vereinbart werden, die mehr Zeitsouveränität bieten, etwa nur an vier Tagen in der Woche zur Arbeit zu fahren.
Bei den Zukunftstarifverträgen müssen wir jetzt schnell in die Praxis kommen. Gemeinsam mit den Beschäftigten. Sie sind Experten ihrer Arbeit und ihrer Produkte – und haben oft bessere Ideen für die Zukunft. Bislang unterlagen Zukunftspläne allein dem Direktionsrecht der Unternehmen. Mit dem Tarifabschluss haben wir nun die Möglichkeit, den Arbeitgeber von uns aus zu Gesprächen aufzufordern. Das müssen wir jetzt auch nutzen.