Bezieher von Arbeitslosengeld, die eine von der Arbeitsagentur angebotene zumutbare Stelle ohne wichtigen Grund nicht annehmen, riskieren in der Regel eine dreiwöchige Sperrzeit. Gleiches gilt, wenn Erwerbslose eine zumutbare Bildungsmaßnahme ablehnen oder abbrechen. Beim zweiten und dritten Regelverstoß können weitere sechs oder zwölf Wochen Sperrzeit drohen. Wenn die Arbeitsagenturen Versicherten konkrete Stellenangebote machen, enthalten die Schreiben immer eine Rechtsfolgenbelehrung. Diese wiederholen in etwa den Wortlaut des Gesetzes und teilen mit, was für den Fall der Arbeitsablehnung droht.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat nun entschieden, dass viele Sperrzeitenbescheide, die die Bundesagenturen für Arbeit (BA) wegen der Ablehnung von zumutbaren Stellen beziehungsweise von Bildungsmaßnahmen oder deren Abbruch verhängt haben, wegen unkorrekter Rechtsfolgenbelehrungen rechtswidrig sind. Der Grund: Die von der BA verwendete Rechtsfolgenbelehrung war den Richtern nicht konkret genug. Einheitliche Rechtsfolgenbelehrungen, die auf sämtliche möglichen Sperrzeitformen bei einem wiederholten versicherungswidrigen Verhalten hinweisen und damit lediglich den Gesetzestext wiederholen, sind keine wirksamen Rechtsfolgenbelehrungen für Sperrzeiten mit einer Dauer von sechs oder zwölf Wochen. Mit den Grundsätzen einer individuellen Vermittlung ist verbunden, dass hinsichtlich der leistungsrechtlichen Konsequenzen im konkreten Fall belehrt werden muss. Gegenüber der bisherigen generellen Praxis der BA haben die Richter damit erhöhte Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung für solche Sperrzeiten formuliert, die länger als drei Wochen dauern.
Ebenfalls in Abweichung von der bisherigen Praxis der Arbeitsverwaltung entschied das BSG, dass die besonderen Rechtsfolgen einer zweiten und dritten Sperre mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen nur eintreten können, wenn das vorangegangene versicherungswidrige Verhalten durch einen Verwaltungsakt umgesetzt worden ist. Das heißt, es muss für jede Sperrzeit ein gesonderter Bescheid ergangen sein.
Weil das BSG die Rechtsbelehrungen für rechtsunwirksam erklärt hat, können ehemals Erwerbslose auch rechtskräftig gewordene Bescheide der BA aus den Jahren seit 2015 anfechten. Dazu muss beim Arbeitsamt ein Überprüfungsantrag mit Verweis auf Paragraf 44 Sozialgesetzbuch X gestellt und beantragt werden, die fehlerhafte Entscheidung zu ändern. Betroffene Metallerinnen und Metaller können sich bei ihrer IG Metall sozialrechtlich beraten lassen.
Bundessozialgericht vom 27. Juni 2019 ― B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R
Tjark Menssen ist Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH.