Dani Rodrik: Die Krise hat gezeigt, dass wir die Globalisierung überdenken und neu ausrichten müssen. Durch die Covid-19-Pandemie war sie in einer Zwangspause, stoppen lässt sich die Globalisierung jedoch nicht. Nüchtern betrachtet wird Covid-19 die Welt nicht zum Positiven verändern. Aber jetzt ist die Chance für eine Neuausrichtung der Globalisierung, die wir nutzen sollten.
Die Hyperglobalisierung der vergangenen Jahrzehnte hatte hohe ökologische und soziale Kosten. Verlierer waren prekär Beschäftigte im informellen Sektor, die jetzt die Folgen der Coronakrise besonders schmerzhaft zu spüren bekommen. Wir brauchen neue globale Regeln und starke nationale Sozialsysteme, um die Menschen besser zu schützen. Gleichzeitig müssen Märkte stärker reguliert werden, etwa durch staatliche Industriepolitik.
Die globale Zusammenarbeit nicht nur beim Klimawandel, in der Gesundheitsversorgung und bei den Regeln von fairem Handel ist alternativlos. Es gibt viele Arten von Globalisierung. Aber man muss nicht jeden Preis zahlen, den der globale Markt verlangt. Menschen dürfen nicht zum Spielball der Kräfte des freien Marktes werden.
Deutschland hat besonnen agiert, das Virus rechtzeitig eingedämmt, umfassende Hilfen beschlossen und ein Konjunkturprogramm aufgelegt. Viel mehr geht nicht.
Die Arbeitsbedingungen von Menschen werden in vielen Ländern unter Druck kommen. Deshalb wird der Job von Gewerkschaften härter. Die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen als zentrale Forderung von Gewerkschaften ist jetzt wichtiger denn je.
Zur Person
Dani Rodrik lehrt internationale politische Ökonomie in Harvard und ist einer der prominentesten Kritiker einer ungezügelten Globalisierung.