Zum 30. September sollte Schluss mit dem Voith-Werk in Sonthofen sein. Das hatte das Unternehmen im Frühjahr trotz eines mehrwöchigen Streiks der Beschäftigten durchgesetzt.
Aberwitzig: Voith bittet jetzt über 50 Beschäftigte, doch noch länger zu bleiben – und zwar bis Ende März 2021. Sie sollen laufende Projekte weiter vorantreiben und Personal aus dem Standort anlernen, an den die Produktion verlagert werden soll.
Der Grund: Die Produktionsverlagerung und der dazugehörige Wissenstransfer funktionieren nicht so einfach, wie sich das Management das vorgestellt hat. Denn die Beschäftigten in Sonthofen entwickeln und produzieren große, hochkomplexe Spezialgetriebe.
Für die IG Metall ist das keine Überraschung. „Jetzt passiert genau das, wovor wir von Anfang an gewarnt haben“, sagt Dietmar Jansen, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Allgäu. „Für Voith bedeutet das einen riesigen Image- und Geldverlust. Sie können ihre Kunden nicht regulär bedienen und haben Zusatzkosten.“
Den eigentlich schon rausgeschmissenen Beschäftigten bietet Voith nun übrigens mehr Geld an – damit sie noch ein halbes Jahr bleiben. Die Ansprüche aus dem erkämpften Sozialtarifvertrag der IG Metall bleiben ihnen natürlich auch voll erhalten.
Sie wollten nur einen Betriebsrat gründen – und bekamen alle die Kündigung. Bei Paragon Electroacoustic in Neu-Ulm konnten die Beschäftigten im Juli ihren Ohren und Augen nicht trauen: Kurz vor ihrer Wahlversammlung schickte der Autozulieferer seiner gesamten Belegschaft die Kündigung zu Mitte nächsten Jahres – und verwehrte der IG Metall prompt und widerrechtlich den Zutritt zum Werk.
Das schwäbische Lautsprecher-Werk lohne sich nicht mehr und Corona habe die Erträge verschlechtert, behauptet das im westfälischen Delbrück ansässige Unternehmen. Bizarr: Der Arbeitgeber richtete gleichzeitig eine zweite Schicht ein.
Nach einem Gang der IG Metall Neu-Ulm/Günzburg vor das Gericht, gelang im September schlussendlich ein zweiter Anlauf in Richtung Betriebsratswahl: Die Beschäftigten konnten einen Wahlvorstand bestimmen – mit der IG Metall an Bord.
Thema bleibt aber noch die angeblich wirtschaftlich schlechte Lage. Die IG Metall will prüfen, ob das Unternehmen während der Corona-Krise wirklich zu Recht Kurzarbeit angemeldet und die Zuschüsse dafür kassiert hat.
Jahrelang hat der große Autozulieferer Continental glänzende Gewinne eingefahren und an seine Aktionäre fürstliche Summen ausgeschüttet. Jetzt in der Krise will der Konzern kurzen Prozess machen und in Deutschland 13000 Arbeitsplätze abbauen. Allein in Regensburg sollen bei Conti und der Antriebssparte Vitesco 2100 Stellen wegfallen, in Ingolstadt 200.
„Conti und Vitesco wittern anscheinend die Gelegenheit, die eigenen Versäumnisse unter dem Deckmantel der Krise auf Kosten der Beschäftigten zu beheben“, sagt der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Johann Horn. Denn der Konzern hat viel zu spät und zu zögerlich auf den Wandel der Autoindustrie reagiert.
Die Beschäftigten lassen sich das nicht gefallen und machen mobil: Mit Autokorsos haben sie in Regensburg und Ingolstadt im September für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Für die IG Metall ist klar, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben darf. „Wir erwarten, dass Continental und Vitesco gemeinsam mit der IG Metall Zukunftsperspektiven für die Standorte und Beschäftigten suchen“, so Horn.
Auch der Zulieferer Schaeffler will in der Krise Stellen abbauen: 4400 in Deutschland, die Hälfte davon in Bayern. Schließungen und Verlagerungen an Billigstandorte werden IG Metall und Beschäftigte nicht hinnehmen. Betriebsbedingte Kündigungen müssen ausgeschlossen sein.
Beim bundesweiten Schaeffler-Aktionstag im September haben die Beschäftigten ein starkes Signal gesendet. Alle bayerischen Standorte haben mitgemacht und gezeigt: Die Metallerinnen und Metaller wehren sich und halten zusammen – über alle Standorte hinweg.