Irene Schulz: Es hat mich vor allem sehr gefreut. Wir heißen jedes neue Mitglied herzlich willkommen. Wir haben ein starkes Tarifergebnis erreicht. Insgesamt haben sich 1,5 Millionen Metallerinnen und Metaller an den Warnstreiks beteiligt. Eine stolze Zahl! Eine kraftvolle Bewegung! Durch Einsatz, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft haben unsere Mitglieder diese Bewegung möglich gemacht und neue Kolleginnen und Kollegen für unsere Forderungen und die IG Metall mobilisiert.
Wir haben mit unserer Forderung zur Arbeitszeit den Nerv der Gesellschaft getroffen. Beschäftigte wollen mehr Selbstbestimmung und Verlässlichkeit für ihre Arbeitszeit. Wir haben die Beschäftigten beteiligt und gefragt, wo sie Handlungsbedarf sehen. Diese Beteiligung und die breite Debatte haben zu hohem Zuspruch für unsere Forderungen geführt. Auf der anderen Seite waren der Widerstand und die Konfliktbereitschaft der Arbeitgeber enorm hoch. Das Besondere in dieser Tarifrunde war, dass wir erstmalig 24-Stunden-Warnstreiks in allen Bezirken durchgeführt haben. Diese kraftvolle Bewegung, die Beteiligung und Solidarität der Beschäftigten in den Betrieben war beeindruckend und hat dazu geführt, dass so viele Kolleginnen und Kollegen mitgemacht haben und in die IG Metall eingetreten sind.
Mich hat vor allem die Power und Entschlossenheit beeindruckt, die überall spürbar war. Langjährige Vertrauensleute haben mir begeistert erzählt, wie viel Unterstützungsangebote zur Vorbereitung der Warnstreiks sie von Kolleginnen und Kollegen erhalten haben, die zum ersten Mal dabei waren. An den Toren, auch nachts und bei niedrigen Temperaturen war die Stimmung super und die Tore waren zu allen Zeiten hervorragend besetzt. Das war kreativ, kraftvoll und selbstbewusst. Jetzt geht es weiter mit kreativen Beteiligungsformaten zur Umsetzung des Tarifergebnisses wie Beratungssprechstunden, ein Tariffrühstück unter dem Motto „Gut gestärkt – Tarif erklärt“ oder ähnliches.
Diese Tarifrunde hat viele Anlässe zur Ansprache, zur inhaltlichen Debatte, zur Beteiligung der Beschäftigten geboten. Diese Anlässe wurden genutzt. Diesen Schwung sollten wir bei der Umsetzung des Tarifvertrags mitnehmen. Die Beschäftigten haben Fragen zu Antragsfristen, zu den Entgeltkomponenten, zu der Wahloption. Alles gute Anlässe für Gespräche in und mit der Mannschaft und für die Einladung, Mitstreiter in der IG Metall zu werden.
Eine starke Bewegung macht eine starke IG Metall. Die Auseinandersetzungen um gute Arbeit werden in den nächsten Jahren härter. Wir wollen und werden den technologischen Wandel gestalten. Dazu brauchen wir starke Rückendeckung aus den Belegschaften und viel Durchsetzungskraft in den Betrieben. Wir brauchen mehr Mitbestimmung und nicht weniger. Tarifbindung ist auch in Zukunft die Antwort Nummer eins auf die Gerechtigkeitsfrage. Es sind unsere Betriebsräte, unsere Schwerbehindertenvertreter und Vertrauensleute, die innovative Konzepte einfordern und entwickeln, die Beschäftigung und Standorte sichern. Es sind unsere aktiven Metallerinnen und Metaller, die sich für eine nachhaltige Industriepolitik einsetzen. Sie stehen für Beteiligung und für die Gestaltung guter Arbeit.
Wir haben Tausende von Mitgliedern, die mit Herz und Verstand neue Mitglieder gewinnen. Das ist toll und dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Gemeinsam was bewegen, das ist die Losung, die im Betrieb nicht nur ausgegeben, sondern gelebt wird. Wer selber für die IG Metall brennt, wer Überzeugungstäter ist, der begeistert auch andere. Es sind die Themen im Betrieb, die gemeinsam stärker und besser nach vorne bewegt werden. Es sind die gemeinsamen Erfolge, über die wir sprechen sollten.
Wir packen die Themen der Zukunft an, auch wenn wir noch nicht auf alles eine Antwort haben. Wir sind selbstbewusst als größte Gewerkschaft und gehen auch in den Konflikt, wenn es sein muss. Wir sind nah dran in den Betrieben. Das sind gute Voraussetzungen, um die Herausforderungen zu wuppen. Gleichzeitig verstärken wir unsere Erschließungsaktivitäten, weil es auch in unseren Branchen immer noch Betriebe ohne Betriebsrat oder Tarifbindung gibt. Unsere Zielsetzung ist klar: Innovation und technologischer Wandel geht auch in Zukunft nur mit den Beschäftigten, mit mehr Mitbestimmung im Betrieb und mit einer starken IG Metall. Bei allen Veränderungen, die anstehen – eines bleibt ganz sicher: Diese Gesellschaft braucht nicht weniger, sondern mehr Solidarität, nicht weniger, sondern mehr Gerechtigkeit!