3. Februar 2016
Recht so – Tipps für Arbeitnehmer im Karneval
Alaaf und Helau – Karneval auch am Arbeitsplatz?
Es ist so weit: In vielen Teilen Deutschland beginnt der Straßenkarneval. Besonders in den Karnevalshochburgen herrscht Ausnahmezustand. Was bedeutet das für diejenigen, die trotzdem arbeiten müssen? Das erklärt Gewerkschaftsjurist Dr. Till Bender und räumt mit Irrtümern auf.

Auch in der fünften Jahreszeit haben Arbeitnehmer keine Narrenfreiheit. Wer dies missachtet, der kann böse Überraschungen erleben. Damit es nicht soweit kommt und alle Beschäftigten die närrische Zeit unbeschadet überstehen, sind die folgenden Hinweise zu beachten.


Grundsätzlich kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung

Einen allgemeinen Anspruch auf Arbeitsbefreiung gibt es nicht einmal in den Hochburgen an Rhein und Mosel. Weder Rosenmontag, noch Faschingsdienstag sind allgemeine Feiertage, auch nicht nach „regionalem Gewohnheitsrecht“. Ob der Arbeitgeber den Rosenmontag als normalen Arbeitstag oder als zusätzlichen bezahlten „Feiertag“ behandelt, ist seine Entscheidung. In dieser Frage hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach dem Betriebsverfassungsgesetz BetrVG.

 

Gewerkschaftsjurist Dr. Till Bender

Dr. Till Bender, Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH

 

Anspruch aus Arbeitsvertrag oder betrieblicher Übung

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung kann sich aber aus einem Tarifvertrag, einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder einer arbeitsvertraglichen Regelung ergeben. Besteht eine solche Vereinbarung nicht, kann ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung gegebenenfalls aus einer sogenannten „betrieblichen Übung“ hergeleitet werden. Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Anspruch besteht, wenn der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten regelmäßig wiederholt, aus dem die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll.


Keine Selbstbeurlaubung

Besteht kein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung, muss der Arbeitnehmer Urlaub einreichen. Nur, wenn der Arbeitgeber diesen auch genehmigt, kann der Arbeitnehmer an diesem Tag von der Arbeit fern bleiben. Wird der Urlaub nicht genehmigt, sollte der Arbeitnehmer sich keinesfalls selbst beurlauben oder versuchen, diesen mit der Drohung zu erzwingen, er werde sonst an diesem Tag krank werden: Bei Androhung von Krankheit im Falle der Nichtgewährung von Urlaub droht die fristlose Kündigung.

In Betracht kommt aber das Abfeiern von Überstunden. Auch hier sind aber die jeweils im Betrieb geltenden Vorschriften für die Entnahme von Zeitguthaben zu beachten.


Live-Übertragung des Karnevalsumzugs

Wenn man schon keinen Urlaub bekommt, möchte mancher Beschäftigte zumindest die Live-Übertragung des Karnevalszuges im Radio hören. Das ist rechtlich nur zulässig, wenn dadurch die Arbeit nicht leidet.

Der Mitarbeiter ist nämlich aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die ihm übertragene Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten. Er muss konzentriert und sorgfältig arbeiten und darf die Arbeit nicht unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen. Wenn also die ordnungsgemäße Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch das Radiohören nicht beeinträchtigt ist, stellt das Radiohören auch keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar.

In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts das Radiohören generell oder zu bestimmten Zeiten untersagen. In Betrieben mit Betriebsrat kann eine solche Regelung nicht einseitig erfolgen: Die Frage des Radiohörens betrifft die Ordnung im Betrieb und ist daher mitbestimmungspflichtig.


Alkoholkonsum

Ebenfalls eine Frage der Ordnung im Betrieb ist es, ob an Karneval oder zu anderen Gelegenheiten Alkohol getrunken werden darf. Gibt es kein Betriebsrat, kann der Arbeitgeber dies aufgrund seines Weisungsrechts eigenmächtig regeln. Auf jeden Fall ist jedoch wichtig, dass alle Arbeitnehmer ihre Leistungsfähigkeit und die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht durch den Alkoholkonsum gefährden dürfen.


Krawatte abschneiden

Es ist ein gängiger Brauch, männlichen Kollegen und insbesondere Vorgesetzten an Weiberfastnacht die Krawatte abzuschneiden. Besonders in den Karnevalshochburgen haben sich die potentiellen Opfer darauf eingestellt und werden hieran keinen Anstoß nehmen. Wer nicht möchte, dass ihm die Krawatte abgeschnitten wird, sollte zumindest an Weiberfachnacht auf eine Krawatte verzichten oder nur eine tragen, auf die er gut verzichten kann. Derartige Vorkehrungen vermeiden spätere Rechtsstreitigkeiten und fördern den Betriebsfrieden.

Dennoch ist Vorsicht geboten: Das Abschneiden der Krawatte stellt eine Sachbeschädigung dar. Das Opfer darf sich also grundsätzlich dagegen wehren.


Verkleidung am Arbeitsplatz

Ob man verkleidet zur Arbeit erscheinen darf, hängt davon ab, wo man arbeitet, insbesondere, ob man Kundenkontakt hat. Die meisten Menschen dürften kein Problem damit haben, wenn sie am Rosenmontag von einem Verkäufer mit Clownsnase ihre Brötchen oder Krapfen überreicht bekommen, bei einem Bankberater mag dies schon anders aussehen.

Unerlässlich ist zudem das Tragen von Schutzkleidung, wo diese vorgeschrieben ist. Auch in den Karnevalshochburgen darf der Bauarbeiterhelm nicht gegen eine Narrenkappe eingetauscht werden.


Unfallschutz für Jecken

Nun mag sich manche Belegschaft überlegen, eine eigene Karnevalsfeier zu organisieren. Bei einer solchen betrieblichen Karnevalsfeier gelten hinsichtlich des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes die allgemeinen Regeln:

Wenn die Feier dem Betriebsklima dient und allen Betriebsangehörigen offen steht, stehen die Arbeitnehmer während der Feier und auf dem Hin- und Heimweg unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Entscheidend für den Unfallschutz ist allein, ob die Feier vom Willen des Arbeitgebers getragen ist.

Unproblematisch ist dies vor allem, wenn die Betriebsfeier vom Arbeitgeber selbst organisiert ist, aber auch eine selbst organisierte Feier kann vom Unfallschutz gedeckt sein. Entscheidend ist, dass eine solche Feier mit dem Arbeitgeber abgesprochen ist.

 

IG Metall-Mitglieder werden vor den Arbeits- und Sozialgerichten bei Bedarf kostenlos von Juristinnen und Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten. Erste Anlaufstelle bei Problemen ist die IG Metall vor Ort. Weitere Informationen dazu hier.


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