27. Januar 2020
Ratgeber
Beschäftigte müssen nicht ständig erreichbar sein
Handy ausschalten, Computer runterfahren, Stecker ziehen – voll und ganz abschalten. Beschäftigte müssen nicht ständig erreichbar sein und Anrufe entgegennehmen – schon gar nicht im Urlaub.

Was ist, wenn der Chef oder Kolleginnen und Kollegen Dich während Deines Urlaubs sprechen möchten, um eine dringende Frage zu klären? Musst Du dann ständig erreichbar sein und Anrufe entgegennehmen?


Rufbereitschaft klar regeln

Die rechtliche Lage ist ziemlich eindeutig. Du musst nicht erreichbar sein. Das Diensthandy darf während der Freizeit und Ferien ausgeschaltet bleiben. Auch musst Du Deine Privatnummer nicht Deinem Arbeitgeber mitteilen. Ebenso bist Du nicht verpflichtet, Dienst-E-Mails während Deines Urlaubs abzurufen, um auf dem Laufenden zu sein.

Steht allerdings im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, dass Du Rufbereitschaft zu leisten hast, musst Du in der vereinbarten Zeit telefonisch erreichbar sein. In der Regel wird die Zeit der Rufbereitschaft genau festgelegt und auch finanziell abgegolten. Schließlich schränkt sie die Gestaltung Deiner Freizeit ein. Dabei muss die Rufbereitschaft so organisiert sein, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nicht überschritten sowie Regelungen zur Ruhezeit und Nachtarbeit eingehalten werden.


Stand-by-Modus beeinträchtigt Privatleben

Abgesehen von der gesetzlichen Lage ist es empfehlenswert, sich eine handyfreie Zeit zu nehmen. In der Alltagshektik verschwimmen oft die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit – und das mit gesundheitlichen Folgen. Die Auswirkungen ständiger Erreichbarkeit via E-Mail und Smartphone haben schon viele krank gemacht. Meist ist es ein schleichender Prozess. Um ihre Einsatzbereitschaft auch außerhalb des Betriebs zu signalisieren, schauen viele Beschäftigte nach Dienstschluss in ihre E-Mails und antworten in ihrer Freizeit auf vermeintlich wichtige Anfragen. Dieser Stand-by-Modus in der Freizeit beeinträchtigt das Privatleben stark.


Ständige Erreichbarkeit schadet der Erholung

Untersuchungen zu den Folgen ständiger Erreichbarkeit belegen: Arbeitsbezogene Kommunikation außerhalb der Bürostunden ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alltäglich. Nach einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurde über ein Drittel der Befragten außerhalb ihrer Arbeitszeit kontaktiert und mehr als jeder Fünfte gab an, auch während der eigentlichen Freizeit zu arbeiten.

Wie wirkt es sich auf Gesundheit und Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus, wenn sie auch in der Freizeit ständig auf das Firmen-Smartphone schielen? Ein Report der Initiative Gesundheit und Arbeit (kurz: iga) spricht eine eindeutige Sprache: Beschäftigte, die auch nach der regulären Arbeitszeit erreichbar sind, können sich deutlich schlechter vom Alltagsstress am Arbeitsplatz erholen. Weitere Folgen können schlechter Schlaf beziehungsweise Schlafmangel oder gar ein erhöhtes Risiko zu Panikattacken und Depressionen sein.


Junge Beschäftigte besonders betroffen

Vor allem junge Beschäftigte neigen dazu, das Smartphone nach der Arbeit nicht auszuschalten. Zum einen findet sich in der Altersgruppe der unter 30-Jährigen ein erhöhtes Selbstverständnis, auch außerhalb der Arbeitszeit oder am Wochenende errreichbar zu sein. Zum anderen ist gerade diese Altersgruppe stark von befristeten Verträgen oder prekärer Beschäftigung betroffen. Auch hierin kann ein Grund liegen, warum junge Beschäftigte in der Freizeit noch E-Mails beantworten oder Anrufe entgegennehmen – sie haben Angst, ansonsten ihren Job zu verlieren.

Wer unter extremen Druck steht, nur geringe Entscheidungsspielräume sowie kaum flexible Arbeitszeiten hat, leidet besonders darunter, auch während seiner Freizeit noch in Habt-Acht-Stellung verbringen zu müssen. Das kann sich negativ auf Leistungsfähigkeit und Engagement auswirken. Denn wenn Du Dich nicht ausreichend erholen kannst, bist Du gezwungen, Dich zur Bewältigung der Arbeitsanforderungen noch mehr anzustrengen – mit der Gefahr weiterer belastender Folgen.

Wenn Du also Urlaub hast und keine Rufbereitschaft oder ähnliche Dienste, solltest Du mal richtig abschalten und Kraft tanken. Denn dafür ist der Urlaub da. Gut ausgeruht zurück fühlst Du Dich wieder fit und leistungsfähig für die Herausforderungen Deiner Arbeit.


Strategien zum Stressabbau

Gezielte Strategien können dabei helfen, Stress durch erhöhte Erreichbarkeit deutlich zu reduzieren. Studien haben festgestellt: Wenn Du im Vorhinein festlegst, bis zu welchem Zeitpunkt Du online oder mobil erreichbar bist, kannst Du Überlastungen deutlich eingrenzen. Auch lassen sich die technischen Möglichkeiten nutzen, Dienstgeräte von privaten Geräten sowie deren E-Mail-Konten zu trennen. Viele Geräte und Apps kannst Du so einstellen, dass sich Funktionen ab einer bestimmten Uhrzeit deaktivieren. Zudem hilft es, Prioritäten zu setzen: Nicht jede E-Mail muss sofort beantwortet, nicht jede Anfrage gleich bearbeitet werden. Vielmehr emfpiehlt es sich, die E-Mails gebündelt zu lesen und anschließend nach ihrer Dringlichkeit zu beantworten.


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