Arbeitsgestaltung
Homeoffice: Wie der Spagat zwischen Arbeit und Kinderbetreuung gelingen kann
Hundertausende Beschäftigte arbeiten derzeit von daheim aus, immer mehr Betriebe schicken Mitarbeiter ins Homeoffice. Doch leicht ist die Situation vor allem für Eltern nicht: Weil Schulen und Kindergärten geschlossen haben, sind auch die Kinder daheim. Wie es gelingen kann, den Spagat zu meistern.
Ach, wie schön hatte man sich das vorgestellt. Eben noch, beim Aufstehen: Du bist jetzt daheim, in den eigenen vier Wänden, Du musst nicht mehr ins Büro hetzen, das ist doch toll. Du fährst jetzt gemütlich den Rechner hoch. Du setzt Dich an den Arbeitstisch. Der dampfende Kaffeepot daneben. Jetzt, jetzt kann es losgehen – erste Mails, erste Telefonate, keine Unterbrechung, keine Kollegen, die plötzlich vor einem im Büro stehen. Ach, wie schön hatte...
„Papa, kooooomm, meine Hose rutscht!“
Aus, vorbei. Willkommen in der Wirklichkeit – und die hat für Hundertausende Eltern, die in diesen Tagen ausgestattet mit Laptop und Handy von daheim arbeiten sollen, so gar nichts mit ruhigem Rückzugsraum zu tun. Homeoffice, ein Idyll, in dem man in Ruhe vor sich hinarbeiten kann? Ach. Viel eher eine lautstarke Arena, in dem Welten und Wünsche aufeinanderprallen: Die von Kindern, die jetzt keine Schule haben und keinen Kindergarten, die spielen, toben, singen, tanzen wollen. Mit Mama. Mit Papa. Und die der Eltern – die von Herzen Mama und Papa sind (und übrigens auch gerne spielen, toben, singen, tanzen). Aber die eben auch Beschäftigte sind mit einem Arbeitsvertrag. Die Kolleginnen und Kollegen haben, mit denen sich abgestimmt werden muss. Und eine Arbeit, die erledigt werden muss.
Wie also, um Himmels Willen, soll das nur gut gehen, in diesen Tagen, in diesen Wochen: Arbeitspflicht und Kinderbetreuung im Homeoffice zu organisieren. Beiden gerecht zu werden. Irgendwie. Immer wieder. Wie soll das gehen?
Es gibt ein paar Tipps, die helfen können
- Über die neue Situation mit den Kindern reden: Mama und Papa sind zu Hause, das ist schön. Kinder wissen, dass sie frei haben, wenn sie daheim sind. Die Schlussfolgerung: Es kann den ganzen Tag gemeinsam gespielt werden. Es ist Familienurlaub. Das geht im Homeoffice nicht. Es geht deshalb darum, dem Nachwuchs bewusst zu machen, dass, obwohl Mama und Papa nun zu Hause sind, sie keinen Urlaub haben, sondern dass sie zu bestimmten Zeiten arbeiten müssen – und das aber noch genug Zeit bleibt, um miteinander zu spielen. Größere Kinder verstehen die Erfordernisse der Arbeitswelt.
- Tagesstruktur schaffen. Für einen selbst. Und für die Familie. Vielleicht ist das das Wichtigste. Und das Schwierigste. Es empfiehlt sich, sofern das geht, die Arbeitszeiten jeden Tag auf dieselbe Uhrzeit zu legen. Das schafft Struktur. Gut ist, möglichst früh anzufangen, wenn die Kinder noch schlafen. Gut ist auch, einen festen Tagesrhythmus mit festen Zeiten aufzustellen, die dann ganz den Kindern gehören. Am besten sorgt man mit einem Familien-Stundenplan dafür. Mit diesem wird deutlich, in welcher Zeit die Familie zusammen etwas unternimmt – und ab wann jeder für sich spielt beziehungsweise arbeitet.
- Essen vorkochen, Haushalt aufteilen: Ohne die gewohnte Kantine muss man einiges an Zeit zum Kochen einplanen. Wenn beide Eltern von Zuhause aus arbeiten, sollten sie sich das Kochen untereinander aufteilen. Manches kann man gut vorkochen. Obst und Gemüse sollten stets kleingeschnitten bereitstehen. Kleinere Arbeitspausen können für den Abwasch und die Wäsche genutzt werden oder um den Müll rauszubringen. Das bringt Abwechslung für den Kopf, die Bewegung regt den Körper an und der Haushalt bleibt nicht völlig auf der Strecke.
- Betreuung teilen, Belastungen teilen: Kinderbetreuung ist Aufgabe von Mutter und Vater. Wenn beide Elternteile im Homeoffice arbeiten, sollten sich auch beide die Betreuung der Kinder, die Zeiten mit den Kindern teilen. Das geht am besten, wenn es gelingt, die Arbeitszeiten nicht parallel zu legen – sondern sie über den gesamten Tag hinweg zu verteilen. Also, zum Beispiel: morgens der eine ungestört am Stück und der andere im Standby-Modus, nachmittags andersrum. Und: Beide Elternteile sollten Zeiten einplanen, die sie gemeinsam mit ihren Kindern haben.
- Abwechslung schaffen, digitale Angebote (maßvoll) nutzen: Ja, so ein Tag daheim, der ist lang. Sehr lang. Wichtig ist es deshalb, Abwechslung zu ermöglichen – und für die Kinder unterschiedliche Einheiten zu schaffen, in denen gespielt, gebastelt, in denen Hörspiel gehört oder im Wohnzimmer gesprungen wird. Und: Es kann nicht schaden, sich darüber Gedanken machen, inwiefern digitale (Lern)angebote und Kindersendungen im Fernsehen altersgerecht, sinn- und maßvoll eingesetzt werden können.
- Nicht zu streng sein. Zu sich. Und zu den anderen: Bei allen Tipps, bei allen Regeln: Homeoffice und Kinderbetreuung sind zwei Dinge, die nicht ganz leicht miteinander zu vereinbaren sind. Deshalb: Nicht zu streng mit Kindern sein. Nicht zu streng mit sich selbst sein. An diese neue Situation müssen sich alle gewöhnen, Eltern wie Kinder. Und alle müssen Verständnis füreinander haben.
Wenn das Kind also ruft, dass die Hose rutscht, dann ist das ein ernstes Anliegen. Dann muss man aufstehen und nachschauen. Man muss vielleicht eine Leggins raussuchen, die statt der Hose angezogen wird. Danach hat man immer noch Zeit zum Arbeiten.