Bei einem Urlaub in einem „Corona-Risikogebiet“ stellen sich einige arbeitsrechtliche Fragen. Auch deshalb, weil die Reise in ein Risikogebiet die behördliche Anordnung einer Quarantäne nach sich ziehen kann. Wir beantworten die wichtigen Fragen zu diesem Thema.
Entscheidend für die Einstufung als Risikogebiet ist die Zahl der Infizierten pro 100.000 Einwohner. Aber auch Testkapazitäten, durchgeführte Tests pro Einwohner sowie Hygienebestimmungen fließen in die Entscheidung ein. Die Einstufung als Risikogebiet treffen das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gemeinsam.
Das Robert-Koch-Institut aktualisiert ständig die Liste mit den ausgewiesenen Risikogebieten.
Das richtet sich nach den maßgeblichen Regelungen in den Bundesländern. Vielfach ergibt sich aus ihnen, dass Personen, die aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreisen, einer häuslichen Quarantäne von bis zu 14 Tagen unterworfen werden.
Die maßgeblichen Regelungen sehen jedoch auch Ausnahmen von der Quarantäne vor, insbesondere bei Vorliegen eines negativen Testergebnisses. Beispielsweise müssen nach § 2 Abs. 1 der Bayerischen Einreisequarantäneverordnung vom 15. Juni 2020 Personen nicht in häusliche Quarantäne, wenn sie bei der Einreise über ein ärztliches Zeugnis in deutscher oder englischer Sprache verfügen, das bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 vorhanden sind, und die Personen dieses der zuständigen Kreisverwaltung auf Verlangen unverzüglich vorlegen. Das ärztliche Zeugnis muss sich auf eine molekularbiologische Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 stützen.
Berücksichtigt werden nur Tests, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, den das RKI in eine Liste von Staaten mit hierfür ausreichenden Qualitätsstandard aufgenommen hat, durchgeführt worden sind. Die Tests dürfen höchstens 48 Stunden vor der Einreise nach Deutschland vorgenommen worden sein. Liegt zum Zeitpunkt der Einreise noch kein entsprechendes ärztliches Zeugnis vor, wird aber der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde innerhalb von 14 Tagen nach der Einreise ein entsprechendes ärztliches Zeugnis vorgelegt, endet die Verpflichtung zur Quarantäne.
Die Ausnahmeregeln sind allerdings in den Bundesländern nicht einheitlich gestaltet. Wer sich über die Verordnungen informieren möchte, kann dies hier tun.
Eine Abmahnung setzt voraus, dass eine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag verletzt wurde. Dem Arbeitnehmer könnte der Vorwurf gemacht werden, dass er die vertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers verletzt, wenn er durch seine Urlaubsreise verursacht, dass er nach dem Urlaub daran gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Die Frage ist, wie weit solche Rücksichtnahmepflichten gehen. Das kann letztlich nur unter Abwägung auch der Interessen des Arbeitnehmers im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.
Wie Arbeitsgerichte in diesen Fällen entscheiden, ist unklar. Entscheidungen dazu gibt es bislang, soweit ersichtlich, nicht.
Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer während seines gesamten Urlaubs im Risikogebiet die empfohlenen Verhaltensregeln zur Minimierung des Infektionsrisikos einhält, kann ihm eine Verletzung von Rücksichtnahmepflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht vorgeworfen werden.
Solange der Arbeitnehmer trotz der Quarantäne seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt oder dies zumindest ordnungsgemäß anbietet, behält er auch den Anspruch auf sein Entgelt. Wer seine Arbeit ohnehin im Homeoffice erbringt, dürfte damit also keine Probleme haben.
Das BGB enthält mit § 616 eine Regelung, die theoretisch auch im Fall einer Quarantäne mit Arbeitsausfall den Entgeltanspruch des Beschäftigten gegen seinen Arbeitgeber sichern könnte.
Praktisch sieht es allerdings so aus, dass für viele Arbeitsverhältnisse diese Regelung nicht greift. Beispielsweise enthalten Tarifverträge häufig Regelungen zu Fallkonstellationen, in denen der Arbeitgeber das Entgelt bei persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers weiterzahlen muss. Ist die Fallkonstellation der Quarantäne nicht genannt, kann es sein, dass sich die tarifvertraglichen Regelungen nicht auf diesen Fall übertragen lassen. Das heißt: Es kommt entscheidend auf die Auslegung des Tarifvertrags an.
Ein weiteres Problem: § 616 BGB sichert den Entgeltanspruch nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“. Ob damit auch 14 Tage einer Quarantäne abgedeckt werden können, wird von Juristen unterschiedlich beurteilt. Sollte diese Zeitspanne von den Gerichten als zu lang bewertet werden, entfällt der Anspruch insgesamt.
Die Arbeitsverhinderung darf zudem nicht vom Arbeitnehmer verschuldet sein. Die Frage ist, ob die Arbeitsverhinderung infolge einer absehbaren Quarantäne nach Rückkehr aus einem Auslandsurlaub in einem Risikogebiet vom Arbeitnehmer verschuldet ist, sodass der Anspruch aus § 616 BGB entfällt.
Hier entscheiden die Umstände im Einzelfall. Insbesondere wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubs alle empfohlenen Verhaltensmaßregeln eingehalten hat, dürfte kein Verschulden vorliegen.
Bestehen keine anderen speziellen Vereinbarungen dazu, dass der Beschäftigte auch während der Quarantäne vergütet wird, kommt in Betracht, dass der Arbeitnehmer die Entschädigung des Verdienstausfalls nach dem Infektionsschutzgesetz beanspruchen kann.
Arbeitnehmer, bei denen Covid-19 festgestellt wird, sind arbeitsunfähig erkrankt unabhängig davon, wie sehr sie durch die Krankheit beeinträchtigt werden. Auch fast beschwerdefreie Krankheitsverläufe begründen schon wegen der Gefahr der Ansteckung anderer Personen eine Arbeitsunfähigkeit. Es gibt aber auch die Auffassung, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit voraussetzt, dass die Krankheit den Betroffenen an der Verrichtung seiner Arbeit hindert. Wer also arbeiten kann, dabei allerdings andere anstecken könnte, wäre nach dieser Sichtweise nicht arbeitsunfähig erkrankt – auch in diesem Fall würde allerdings typischerweise eine Quarantäne angeordnet werden, sodass eine Ausübung der beruflichen Tätigkeit über diesen Weg ausgeschlossen wäre.
Für die Dauer der ärztlich festgestellten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von bis zu sechs Wochen gegen den Arbeitgeber. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer für diese Zeit unter Quarantäne gestellt wird.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer seine Erkrankung nicht selbst verschuldet hat.
Verschulden in diesem Sinne bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings, dass der Arbeitnehmer ein besonders leichtfertiges oder gar vorsätzliches Verhalten an den Tag gelegt hat.
Entscheidend sind auch hier stets die Umstände des Einzelfalls. Allgemein ist unsere Bewertung aber die, dass dann, wenn der Arbeitnehmer während seines Urlaubs im Risikogebiet die empfohlenen Verhaltensregeln zur Minimierung des Infektionsrisikos einhält, von einem besonders leichtfertigen Verhalten nicht die Rede sein kann.
Das Infektionsschutzgesetz bestimmt, dass Arbeitnehmer Anspruch auf eine Entschädigung haben, wenn sie durch die behördlich angeordnete Quarantäne einen Verdienstausfall erleiden.
Der Anspruch ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Quarantäne durch eine Maßnahme der „spezifischen Prophylaxe“, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder öffentlich empfohlen wird, hätte vermieden werden können.
Die Frage ist: Verliere ich den Entschädigungsanspruch, wenn ich entgegen der Reisewarnung in ausländisches Risikogebiet reise?
Nein: Denn die typische Maßnahme der „spezifischen Prophylaxe“, die in § 2 Ziff. 10 IfSG näher definiert wird, ist die Impfung, die jedoch für die Krankheit Covid-19 bislang nicht existiert. Mit anderen „Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe“ dürften vergleichbare Maßnahmen gemeint sein, wie vorsorgliche medikamentöse Behandlungen (beispielsweise Malariaprophylaxe), die in Bezug auf Covid-19 aber ebenfalls nicht existieren. Allgemeine Verhaltensempfehlungen, wie etwa der Rat, von Reisen in Risikogebiete Abstand zu nehmen, wird man aber richtigerweise nicht als spezifische Maßnahmen zur Prophylaxe begreifen können.
Der Anspruch auf Entschädigung ist demnach auch bei einer Quarantäne im Anschluss an eine Urlaubsreise in ein Risikogebiet nicht ausgeschlossen.
Nein.
Insbesondere ist die teilweise vertretene Auffassung, dass der Arbeitgeber allgemein danach fragen darf, ob der Arbeitnehmer in ein Land reist beziehungsweise in einem Land gewesen ist, das als Risikogebiet ausgewiesen ist, abzulehnen.
Denn die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer in einem Risikogebiet gewesen ist, begründet allein weder, dass er zwangsläufig einer Quarantäne unterliegt, noch, dass er sehr wahrscheinlich ansteckend ist und er daher nicht beschäftigt werden muss.
Ein solches Fragerecht dürfte nur in solchen Betrieben bestehen, in denen eine potenzielle Infektion besonders gravierende Auswirkungen hätte, wie zum Beispiel in Altenpflegeeinrichtungen oder in Krankenhäusern. Die von der IG Metall betreuten Betriebe gehören in aller Regel nicht zu solchen sensiblen Branchen.
Beschäftigte, die unter Quarantäne stehen, können ihre Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß anbieten, wenn sie nicht im Homeoffice arbeiten können.
Einige Arbeitnehmer werden jedoch nach einer Urlaubsreise in ein Risikogebiet nicht unter Quarantäne stehen. Ob der Arbeitgeber dennoch die Beschäftigung verweigern darf, hängt dann von verschiedenen Fragen ab. In erster Linie ist entscheidend, ob es spezielle Regelungen im Betrieb oder im einzelnen Arbeitsverhältnis dazu gibt.
Existieren dazu keine speziellen Vorschriften, kann der Arbeitgeber die Beschäftigung allenfalls dann verweigern, wenn er greifbare Anhaltspunkte dafür hat, dass von dem Beschäftigten eine Ansteckungsgefahr ausgeht. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Beschäftigte Symptome der Krankheit zeigt.
Gibt es keine speziellen Regelungen zu dieser Frage, kann der Arbeitgeber einen Test nur verlangen, sofern der Arbeitnehmer Symptome zeigt.
Auch hier können spezielle arbeits-, tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen greifen.
Ist das nicht der Fall, bleibt der Arbeitgeber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet, wenn er die ordnungsgemäß angebotene Arbeitsleistung unberechtigt ablehnt.
Unberechtigt ist die Ablehnung etwa, wenn der Arbeitnehmer ausnahmsweise keiner Quarantäne unterliegt und keine Symptome zeigt.
Mitglieder der IG Metall können Rechtsschutzleistungen in Anspruch nehmen. Oft kann die örtliche Geschäftsstelle schon „auf dem kleinen Dienstweg“ das Problem aus der Welt schaffen. Dort wo das nicht gelingt, bekommen unsere Mitglieder rechtliche Unterstützung in Gestalt von Beratung aber auch außergerichtlicher und – wenn es sein muss – auch gerichtlicher Vertretung.