1. Unter welchen Voraussetzungen sind Videoüberwachungen zulässig?
Die Videoüberwachung ist ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieser Eingriff ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten steht das Eigentumsrecht und Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers gegenüber. Bei der Videoüberwachung wird zwischen öffentlich zugänglichen und nicht öffentlich zugänglichen Bereichen unterschieden.
Öffentlich zugängliche Bereiche mit Arbeitsplätzen sind zum Beispiel Bahnhöfe und Kaufhäuser. Dort ist die Überwachung nur erlaubt, soweit diese zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen oder zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist, sowie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke. Es dürfen keine Anhaltspunkte bestehen, dass sogenannte schutzwürdige Interessen der überwachten Beschäftigten überwiegen.
Grundsätzlich beziehungsweise zuallererst muss geprüft werden, ob eine Videoüberwachung überhaupt erforderlich ist. Eventuell kann der Zweck der Überwachung auch durch ein milderes, aber gleichwohl effektives Mittel erreicht werden.
Wenn dies der Fall ist, muss das mildere Mittel auch angewendet werden. Oftmals ziehen Arbeitgeber etwa Diebstähle zur Begründung einer Videoüberwachung heran. Vielleicht lassen sich aber bereits durch den Einbau von neuen Schlössern oder Türen weitere Diebstähle verhindern. Dann besteht kein Anlass Videokameras einzubauen, durch die zugleich Beschäftigte bei ihrer Tätigkeit gefilmt werden.
Sollte es zum Einsatz von Videokameras kommen, muss der Arbeitgeber für jede eingesetzte Videokamera vorab festlegen und dokumentieren, wozu die Maßnahme dienen soll. Denn nur so können ein Datenschutzbeauftragter bei einer Kontrolle oder die zuständige Aufsichtsbehörde den Einsatz der Kameras auch nachvollziehen.
Diese Frage ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Videoüberwachungen in Bereichen, die überwiegend der privaten Lebensgestaltung der Beschäftigten dienen, sind grundsätzlich unzulässig.
Dies gilt insbesondere für WC, Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume. Beschäftigte sind in diesen Räumen vor jeglicher Überwachung durch den Arbeitgeber zu schützen, da der Schutz der Intimsphäre hier überwiegt.
Ja, wenn eine Videoüberwachungsanlage im Einsatz ist, muss der Arbeitgeber die Betroffenen darauf hinweisen. Dies geschieht am besten durch ein gut wahrnehmbares und möglichst im Zutrittsbereich der überwachten Fläche angebrachtes Schild.
Grundsätzlich sind verdeckte Videoüberwachungen nicht zulässig. Ausnahmen können nach der Rechtsprechung jedoch dann gegeben sein, wenn ein aktueller Diebstahlverdacht besteht. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (21.06.2012, Az: 2 AZR 153/11) besagt, dass eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz in Ausnahmefällen zulässig sein kann.
Die Anforderungen an eine verdeckte Videoüberwachung sind allerdings sehr hoch. Nur wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung des Arbeitnehmers vorliegt, kann eine verdeckte Videoüberwachung rechtmäßig sein. Voraussetzung hierfür ist aber, dass weniger einschneidende Mittel ausgeschöpft wurden und die Videoüberwachung nicht unverhältnismäßig ist.
Es kommt auch nicht darauf an, ob die Kameras tatsächlich ein Bild wiedergeben oder aufzeichnen. Die reine Präsenz einer Kamera und die damit einhergehende Annahme der Betroffenen, dass sie beobachtet werden, kann ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sein.
Nach Auffassung des Landgerichts (LG) Bonn kann schon der Einsatz von bloßen Kamera-Attrappen ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen, da hierdurch bei den Betroffenen der Eindruck erweckt wird, ständig überwacht zu werden (Urteil vom 16.11.2004, Az.: 8 S 139/04).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche selbst dann begründet sein, wenn keine Kamera aufzeichnet. Es reicht, dass sich der Beobachtete überwacht fühlt (Urteil vom 16.03.2010; Az.: VI ZR176/09).
Das regelt § 6 Abs. 5 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Demnach sind die Daten unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind. Oder wenn die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Eine konkrete Frist, innerhalb derer Videodaten zu vernichten sind, existiert nicht.
Aufsichtsbehörden vertreten die Auffassung, dass Daten aus Videoüberwachungen maximal 72 Stunden gespeichert werden dürfen. Diese Dauer ist jedoch nicht in jedem Fall bindend. Für die Speicherdauer ist der Zweck maßgebend. Wenn der konkrete Zweck der Erhebung wegfällt, sind die Daten unverzüglich zu löschen.
Wenn Videokameras eingesetzt werden sollen, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen. Dieser Anspruch des Betriebsrates ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Der Betriebsrat hat so gegebenenfalls die Möglichkeit, eine Videoüberwachung zu verhindern. Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht einigen, so entscheidet gemäß § 87 (2) BetrVG die Einigungsstelle.
Bei der Installation einer Kamera-Attrappe hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Die Attrappe einer Kamera sei objektiv nicht dazu geeignet, Arbeitnehmer zu überwachen und zu kontrollieren. Diese Auffassung vertritt das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 12.10.2014, Az.: 3 TaBV 5/14).
Wer als Arbeitnehmer vermutet, unzulässig mit einer Videokamera überwacht zu werden, sollte sich grundsätzlich an seinen Betriebsrat und /oder seine IG Metall vor Ort wenden. Möglich ist auch, den oder die Datenschutzbeauftragte(n) hinzuzuziehen.
Info: IG Metall-Mitglieder werden vor den Arbeits- und Sozialgerichten bei Bedarf kostenlos von Juristinnen und Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten. Erste Anlaufstelle bei Problemen ist die IG Metall vor Ort. Weitere Informationen dazu hier.
Verbotene Videoüberwachung – wie kann ich mich wehren? Mitglied werden