Auf der IG Metall-Konferenz Wind und Arbeit am 19. und 20. November 2010 in Bremen wurde eines besonders deutlich: Die Windkraftindustrie braucht einen flächendeckend geltenden Tarifvertrag. Denn nur dann sind auch faire Arbeitsbedingungen für die in der Branche beschäftigten Menschen möglich.
„Das saubere Image der Branche passt nicht zur Situation in vielen Betrieben. Tarifverträge sind eine Ausnahme, die Leiharbeit weit verbreitet und die Bezahlung der Beschäftigten ist häufig undurchsichtig“, kritisierte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall auf der Konferenz. Auch beim Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie der Mitbestimmung gibt es noch Nachholbedarf. So wird in einzelnen Betrieben sogar versucht, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern.
Die Windkraftindustrie hat sich eher urwüchsig entwickelt und ist bisher stark von einzelnen Unternehmern geprägt. Das macht es für die IG Metall und die Arbeitnehmer schwer, sich gut und schnell zu organisieren. Einige Unternehmer hätten sich wohl zu sehr daran gewöhnt, nach eigenem Gusto zu agieren, so Wetzel weiter. In vielen Unternehmen seien zum Beispiel die Arbeitszeitbedingungen, die Arbeitssicherheit und auch die Entgeltstrukturen noch nicht gerecht und zufriedenstellend für die Mitarbeiter geregelt. Wetzel kündigte gegenüber dem „Weserkurier“ an, die IG Metall werde für einen flächendeckend geltenden Tarifvertrag kämpfen. Bisher sei es zwar gelungen, bei fast allen Herstellern Betriebsräte zu gründen, doch erst mit zwei Unternehmen seien auch Tarifverträge abgeschlossen worden. „Das ist ein wichtiger Schritt, aber das reicht noch nicht aus“, sagte Wetzel.
Auch die IG Metall-Bezirksleiterin für den Bezirk Küste, Jutta Blankau, forderte auf der Konferenz, dass auf die Arbeitsbedingungen mehr geachtet werden müsse. Zum Beispiel könnte die Förderung der Branche daran geknüpft werden: „Die Windkraftindustrie darf nicht blind gefördert werden. Subventionen müssen abhängig davon sein, ob in den Betrieben Tarifverträge gelten und Interessenvertretungen bestehen.“
Es gibt wenig gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse: Mindesturlaub, Kündigungsfristen und Höchstarbeitszeiten. Alles andere wird in Tarifverträgen geregelt. Tarifverträge werden für Unternehmen (Haustarifvertrag) oder Branchen/ Regionen (Flächentarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft verhandelt und abgeschlossen. Gewerkschaften können Tarife nur für ihre Mitglieder abschließen. Diese regeln Mindeststandards. Eine persönlich
bessere Regelung im Arbeitsvertrag gilt trotzdem.
Die Verhandlungsstärke der Gewerkschaft ergibt sich durch ihre Mitglieder-Anzahl im Betrieb. Je mehr Mitglieder, desto besser die tariflichen Arbeitsbedingungen.
Unter dem Motto „RückenWind für Erneuerbare Energien“ fordern Betriebsräte und Beschäftigte in einer gemeinsamen Erklärung faire Arbeitsbedingungen in der Windkraftbranche. Darin setzen sie sich unter anderem für tarifliche Regelungen, Mitbestimmung sowie einen besseren Gesundheitsschutz ein. Wer in einem Unternehmen der Windkraftindustrie arbeitet, kann sich in der IG Metall organisieren. Am besten einfach die zuständige IG Metall vor Ort kontaktieren und Mitglied werden. Dann kann die sonst so saubere Branche bald auch mit einem guten Image glänzen, was Tarifverträge betrifft.
Dabei ist die IG Metall allerdings nicht auf Krawall aus, erklärt Detlef Wetzel: „Wir wollen auch einzelne Negativbeispiele, die es durchaus gibt, nicht skandalisieren oder sogar auf die ganze Branche übertragen. Sondern wir bieten uns den Unternehmen als Partner an. Wir wollen sie überzeugen, dass eine Tarifgemeinschaft und ein stärkeres Mitbestimmungsrecht der Belegschaften auch in ihrem Interesse liegen.“