Sergio Vecchiolla schwebt immer noch auf Wolke 7. „Endlich, endlich werden wir fair bezahlt“, freut sich der Betriebsratsvorsitzende der Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) im bayerischen Wackersdorf. Was ihm so leicht über die Lippen geht war ein harter Kampf. Ein Kampf, der aber am Ende für einen IG Metall-Tarifvertrag sorgte und damit für deutlich mehr Geld im Portemonnaie der Beschäftigen.
Am Anfang stand die Entscheidung des Automobilherstellers BMW einen Teil der Logistik auszugliedern. Vor drei Jahren vergab er diese Logistikleistungen an eine Werkvertragsfirma, das Kontraktlogistikunternehmen BLG. Der Auftrag: Autoteile für den internationalen Versand in die Montagewerke im Ausland zu verpacken. Das hatten vorher überwiegend BMW-Beschäftigte unter den Bedingungen des IG Metall-Tarifvertrags gemacht. Dann verpackten die Beschäftigten der BLG Wackersdorf – für einen Bruchteil des Entgelts.
Das ist ungerecht, findet Jürgen Scholz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Regensburg. Er hat nicht generell etwas gegen Werkverträge. „Aber die Bedingungen müssen stimmen“, sagt er. Gleiche Arbeit muss fair entlohnt werden.
Die Bedingungen unter denen Beschäftigte bei Werkvertragsfirmen arbeiten, sind aber meistens schlechter als die der Stammbelegschaft. BMW ist da kein Einzelfall: Um Lohnkosten zu sparen, setzen immer mehr Unternehmen auf Werkverträge. Sie gliedern Tätigkeiten aus und vergeben sie an Subunternehmen. Dort arbeiten Menschen zu Dumpinglöhnen – viele von ihnen, wie bei der BLG Wackersdorf, als Leihbeschäftigte. Scholz: „Das geht gar nicht. Wir wollen solche Werkvertragsfirmen, die entlang der Wertschöpfungskette unserer Industrie arbeiten, wieder einfangen.“
Die IG Metall will bei der Billigstrategie nicht mehr länger zu schauen. Sie setzt auf ihre Tarifverträge.
Einen Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie zu erkämpfen, das war auch das Ziel der BLG-Beschäftigten in Wackersdorf. „Rationalisierung um jeden Preis, das kann es ja wohl nicht sein“, dachte sich der BLG-Betriebsrat, der vor zwei Jahren gegründet wurde. Die Betriebsräte verteilten Flugblätter, warben Mitglieder und begannen über einen Tarifvertrag zu verhandeln. Der Geschäftsleitung gefiel das gar nicht. „Da mussten wir mit unserem ersten Warnstreik ein bisschen Bewegung in die Verhandlung bringen“, schmunzelt Sergio Vecchiolla. Fast alle Beschäftigten machten mit. Ein klares Zeichen für die Kampfbereitschaft der Beschäftigten, freute sich auch Jürgen Scholz.
Wenige Wochen danach und ein 14-Stunden-Verhandlungsmarathon später: endlich ein Ergebnis, endlich der Tarifvertrag, endlich mehr Geld. „Für viele bedeutet der Tarifvertrag bis zu 10 Prozent mehr Geld“, weiß Vecchiolla. Außerdem gibt es jetzt mehr Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie stufenweise eine Erhöhung der Urlaubstage auf 30 Tage.
Und es gelang dem Betriebsrat, den Anteil der Leihbeschäftigten deutlich zu begrenzen. Derzeit arbeiten rund 160 Stamm- und circa 300 Leihbeschäftigte bei BLG Wackersdorf. Also über 60 Prozent der Beschäftigten sind Leiharbeitnehmer. Dieser Anteil wird kontinuierlich verringert und darf ab dem 1. Januar 2017 nur noch 30 Prozent betragen.
Sergio Vecchiolla und die BLG-Beschäftigten können stolz sein auf ihren Tarifvertrag. Und Jürgen Scholz von der IG Metall ist ganz sicher: „Wir werden noch mehr Werkvertragsfirmen einfangen und zurückholen.“ Schon jetzt spürt Scholz, dass sich die anderen Firmen auf dem BMW-Werksgelände den Fall BLG Wackersdorf genau anschauen. „Bei uns fragen derzeit viele Beschäftigte nach, ob ein IG Metall Tarifvertrag auch bei ihnen möglich ist.“