Die Tarifbewegung 2021 läuft – nun auch in der Eisen- und Stahlindustrie. Nach der Metallindustrie und der Textilindustrie verhandelt die IG Metall in einigen Wochen auch in der Stahlindustrie über neue Tarife. Die Tarifkommissionen der IG Metall für die nordwestdeutsche und ostdeutsche Stahlindustrie haben die dafür nötige Kündigung der Tarifverträge über Löhne und Ausbildungsvergütungen beschlossen. Der Vorstand der IG Metall muss die Kündigung noch bestätigen, um den Weg für die Verhandlungen freizumachen
Die Mitglieder der Tarifkommission, überwiegend Betriebsräte und IG Metall-Vertrauensleute aus den Betrieben, diskutierten über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und mögliche Tarifforderungen. Die wirtschaftliche Situation in der Stahlindustrie ist höchst unterschiedlich – teils gut, teils dramatisch schlecht.
Insgesamt hat die Corona-Krise dazu geführt, dass die Anzahl der Beschäftigten in der Stahlindustrie in diesem Herbst auf ein Rekordtief gesunken ist. Und etliche Unternehmen haben bereits weitere Abbauprogramme angekündigt. Zwar sich die Branche in den letzten Monaten etwas erholt. Doch durch den zweiten Lockdown drohen nun erneut Einbrüche.
Angesichts der höchst unterschiedlichen Lage wird es der IG Metall in der beginnenden Tarifrunde für die nordwestdeutsche Stahlindustrie darum gehen, Beschäftigung zu sichern und zugleich die Entgelte zu stabilisieren.
„Wir müssen Arbeitsplätze sichern“, erklärt Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer für die nordwestdeutsche Stahlindustrie. „Zugleich müssen wir dafür sorgen, dass die Leute Geld in der Tasche haben und der private Konsum nicht noch weiter abrauscht. Wir brauchen eine Stützung der Kaufkraft, damit wir nicht in eine gefährliche Spirale nach unten geraten.“
Eine Möglichkeit, Beschäftigung zu sichern, könnte sein, in kriselnden Unternehmen die Arbeitszeit zu verkürzen. Einen ähnlichen Weg geht die IG Metall in der Metall- und Elektroindustrie. Dort fordert sie neue Möglichkeiten zur Absenkung der Arbeitszeit als Option für Betrieben. Betroffene Beschäftigte sollen einen Teilentgeltausgleich erhalten, der aus einer Tariferhöhung gespeist wird. In der Metall- und Elektroindustrie fordert die IG Metall deshalb ein Volumen von vier Prozent mehr Geld.
„Auch in der Stahlindustrie hat das Coronavirus Spuren hinterlassen. Die Beschäftigten dürfen jedoch nicht einseitig für diese Situation belastet werden“, sagt Birgit Dietze, Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen und Verhandlungsführerin im Osten. „Jetzt heißt es, mit Augenmaß eine Forderung aufzustellen, die zwar den wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung trägt, vor allem aber den Kolleginnen und Kollegen gerecht wird, die unter der zum Teil wochenlangen Kurzarbeit finanziell erheblich gelitten haben.“
Die Tarifverträge laufen noch bis zum 28. Februar 2021 – neben den Entgelttarifen noch drei weitere Tarifverträge: der Tarifvertrag über den Einsatz von Werkverträgen, der Tarifvertrag über die Altersteilzeit und der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung.
In der saarländischen Stahlindustrie laufen die Tarifverträge noch drei Monate länger.
Wie genau die Forderung der IG Metall für die Stahlindustrie aussehen wird – das wird in den kommenden Wochen Thema der Diskussion in den Betrieben und in der Tarifkommission sein. Ende Januar 2021 treffen sich dann erneut die Tarifkommissionen, um über die endgültige Tarifforderung zu diskutieren.
Die Friedenspflicht im Nordwesten und Osten endet mit Auslaufen der Tarifverträge am 28. Februar 2021.