Die Warnstreiks in der Holz- und Kunststoffindustrie laufen weiter an: Heute beginnen Warnstreiks für 10 000 Beschäftigte in Bayern, vergangene Woche ging es in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen los, nachdem die Friedenspflicht dort am Mittwoch endete. Auch mit den Tarifverhandlungen geht es diese Woche weiter. Am Montag treffen sich die Verhandlungsführerinnen und Verhandlungsführer in Niedersachsen und Bremen zur dritten Verhandlungsrunde, am Dienstag in Baden-Württemberg.
In Niedersachsen und Bremen startete die IG Metall am Mittwoch beim Büromöbelhersteller Haworth in die Warnstreiks. Am Donnerstag ging es weiter bei Röchling, Wilkahn, den Heinrich Meyer Werken, bei Nolte Küchen, Express Küchen und den Blanke Türenwerken. Heute gab es Warnstreiks bei Holz-Bau Industrie, bei den Oeseder Möbelwerken sowie Teutofracht und Teutoservice.
Warnstreikauftakt im Tarifgebiet Westfalen-Lippe war am Donnerstag in Herford. Zur einer gemeinsamen Kundgebung vor dem Arbeitgeberverband kamen Beschäftigtigte vom Küchenhersteller Pronorm in Vlotho, von Siematic, Danielmeyer und RWK+Kuhlmann Küchen aus Löhne und von Rotpunkt-Küchen aus Bünde.
Weitere Warnstreiks gab es bei den Schwering Türenwerken in Reken und beim Laminathersteller Parador in Coesfeld. Heute waren die Beschäftigten von HUGA in Gütersloh, Burgbad in Schmallenberg und Frenkert in Ochtrup aufgerufen.
Das Marta-Museum in Herford ist am Donnerstag selbst zum Kunstwerk geworden: 400 Beschäftigte haben eine Menschenkette um das futuristische Gebäude gebildet und den dort ansässigen Arbeitgeberverband der Holzverarbeitung mit Flatterband eingehüllt. Wozu das Ganze? „Die Arbeitgeber haben in der Tarifrunde der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie ein wirklich schlechtes Angebot gemacht“, sagt Frank-Olaf Branka, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Herford. „Wir fordern, dass sie das deutlich erhöhen.“ Wenn sie nicht einlenken, sei der nächste Schritt bereits klar: „Dann können wir nur noch mit 24-Stunden-Streiks darauf antworten“, so der Metaller.
Aber auch die Beschäftigten sind sauer. „Das unterirdische Angebot der Arbeitgeber von 1,2 Prozent der Arbeitgeber ist einfach unrealistisch bei einer Inflationsrate von vier Prozent“, sagt der Betriebsratsvorsitzende beim Küchenhersteller Pronorm in Vlotho, Peter Engel. Besonders würde die Beschäftigten ärgern, dass die Arbeitgeber den Tarifvertrag Demografie zu Gesundheitsschutz und Altersteilzeit am liebsten gleich ganz abschaffen würden. Ihr Argument: Die Arbeit sei nicht mehr so anstrengend wie früher, berichtet Peter Engel, der als Arbeitnehmervertreter in der Tarifkommission selbst an den Verhandlungen teilnimmt. „Das kann nur jemand sagen, der unsere Arbeit ausschließlich vom Schreibtisch aus kennt“, so seine Antwort.
20 bis 30 Jahre Küchenmöbel mit der eigenen Muskelkraft verladen und Schichtzeiten – das alles belastet die Beschäftigten. Die meisten in dem Industriezweig können sich nicht vorstellen, bis zur Rente durchzuhalten. Sozialverträglich aus dem Arbeitsleben auszuscheiden, das wünschen sich die Kolleginnen und Kollegen bei Pronorm und sie wollen den jüngeren Platz machen. Denn auch die Ausbildung ist Teil des Tarifvertrags Demografie, macht Peter Engel klar. „Die Arbeitgeber wollen sich an den Kosten nicht beteiligen. Dabei sind es gar nicht nur Kosten, die entstehen. Durch den Generationswechsel und den Fachkräftemangel müssen die Jungen ran.“
In Baden-Württemberg laufen die Warnstreiks bereits seit einem Monat, da die Friedenspflicht dort schon im September ausgelaufen ist. Nach einer Verhandlungspause rollt seit Mitte letzter Woche nun die zweite Warnstreikwelle.
In dieser Woche gab es Warnstreiks unter anderem beim Gartengerätehersteller Gardena in Heuchelheim, sowie bei den Caravanherstellern Hymer in Bad Waldsee und Bürstner in Kehl.
Bei Bürstner kamen am Mittwochmittag 200 Beschäftigte zur Warnstreik-Kundgebung der IG Metall vor das Tor. Die Auftragsbücher sind voll. Sie schuften Überstunden. Sie wollen mehr Geld.
Und sie sind sauer auf ihren Arbeitgeber, weil er sie nicht ernst nimmt: IG Metall und Betriebsrat hatten Plakatwände im Werk aufgestellt, auf den die Beschäftigten mit Klebepunkten abstimmen konnten, an welchen Körperteilen sie Schmerzen haben. Wo tuts weh? Gepunktet wurden Schultern, Nacken, in der Näherei vor allem die Handgelenke. Doch die Geschäftsleitung ließ die Plakate einfach entfernen.
„Die Leute machen 40 auf 42 Stunden in der Woche, kommen auch am Samstag, trotz Corona, und leisten Exta-Schichten“, kritisiert Warnstreikleiter Thomas Bredow von der IG Metall Offenburg. „Und jetzt werden ihre Schmerzen als Wehwechen abgetan.“
Das Ergebnis: Beide Bänder standen, die Produktion fiel für zweieinhalb Stunden aus.
Grund für die Warnstreiks: Die Arbeitgeber mauern. Obowhl die Holz- und Kunststoffindustrie mehr brummt als vor Corona, wollen sie fast nichts abgeben – und halten seit der ersten Verhandlung im September an ihrem ersten Angebot fest: 1,2 Prozent mehr Geld – aber erst ab März 2022. Und den Demografietarif (für Gesundheit und Altersteilzeit) wollen sie sogar ganz abschaffen.
„Das ist bei der aktuell guten Auftragslage und der vielen Überstunden für uns nicht verhandelbar – und das wissen die Arbeitgeber auch“, kritisiert Brigitte Döth, Koordinatorin der Tarifpolitik Holz und Kunststoff bei der IG Metall. „Doch statt nachzulegen, haben sie stur gemauert – und damit bewusst die Eskalation provoziert.“
Nächste Woche starten dann auch Warnstreiks in Bayern und im Bezirk Mitte. Die Tarifverhandlungen für die Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie gehen nächste Woche in die dritte Rude – am Donnerstag in Niedersachsen und in Bremen, am Freitag in Baden-Württemberg.