Während die Läden im Lockdown geschlossen waren, blieben die Auftragsbücher des Möbelherstellers Wiemann leer. Keine offenen Läden, keine Aufträge – so funktioniert das Prinzip bei dem Schlafzimmermöbelhersteller, der nur nach eingehenden Bestellungen produziert. Doch nun hat sich das Blatt wieder gewendet. Seit Besucherinnen und Besucher wieder in die Möbelhäuser strömen, schieben die Beschäftigten bei Wiemann Überstunden. „Damit haben wir gerechnet“, sagt der Betriebsratsvorsitzende von Wiemann, Robert Weglage. „Trotzdem verlangt die Mehrarbeit der Belegschaft viel ab.“
Der gesamten Holz- und Kunststoffindustrie geht es wirtschaftlich trotz Einbrüche im vergangenen Jahr sehr gut. 42,2 Milliarden Euro hat der Umsatz in der Branche 2020 betragen – ein Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft viel schneller erholt hat, als es Experten zu Beginn der Krise erwartet haben.
2020 war keines der ganz schlimmen Jahre, betont der Betriebsrat, der die Jahre Anfang des vergangenen Jahrzehnts düsterer in Erinnerung hat. Auch die Kurzarbeit hat die Beschäftigten des Möbelherstellers aus Georgmarienhütte in Niedersachsen nicht aus der Fassung gebracht. „Sobald die Läden wieder offen waren, haben wir im letzten Sommer samstags Zusatzschichten gefahren und ohne Ende produziert“, sagt der Betriebsrat. Auch aktuell läuft die Produktion wieder auf Hochtouren.
Jetzt fordern die Beschäftigten die Anerkennung für ihre Einbußen während der Kurzarbeit und ihren Einsatz für die Mehrarbeit. Anfang September beginnen die Tarifverhandlungen in der Holz- und Kunststoffindustrie: 4,5 Prozent mehr und eine zusätzliche Zahlung in den Altersteilzeitfonds fordert die IG Metall. Dieser soll von 300 Euro auf 750 Euro aufgestockt werden.
„Die Kolleginnen und Kollegen aus allen Tarifgebieten berichten einheitlich von Mehrarbeit“, sagt auch Brigitte Döth, Tarif- und Branchenkoordinatorin Holz und Kunststoff der IG Metall. „Die Arbeit in den Branchen Holz und Kunststoff – gerade dort wo auch noch Schichtarbeit ansteht – ist oft körperlich schwer.“ Tatsächlich sind 40 Prozent der Beschäftigten in der Branche über 50 Jahre alt. „Das war die letzten 30 Jahre ein Knochenjob und ist es immer noch“, sagt auch Robert Weglage. Er kann aus der Belegschaft berichten: Altersteilzeit ist den Kolleginnen und Kollegen besonders wichtig in dieser Tarifrunde.