Tarifrunde Holz und Kunststoff 2023/2024
Mehr Geld erkämpft: Das war die Tarifrunde Holz und Kunststoff
2300 Euro Inflationsausgleichsprämie, 5 Prozent mehr Geld ab Herbst, weitere 3 Prozent ab Sommer 2025, plus regionalem Extraplus: Das hat die IG Metall in der Holz- und Kunststoffindustrie durchgesetzt. 14.000 Beschäftigte aus 126 Betrieben machten dafür Druck, mit 1020 Aktionen und Warnstreiks.
In der Tarifrunde für die Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie (HVI) erzielte die IG Metall seit Januar elf regionale Tarifergebnisse, die leicht voneinander abweichen.
Zunächst gibt es Inflationsausgleichsprämien (IAP) von bis zu 2300 Euro netto im Jahr 2024, in der Regel in zwei Stückelungen:
- März 2024: 1150 Euro IAP I
- September 2024: 1150 Euro IAP II
Auszubildende erhalten in der Regel die halbe IAP, in einigen Tarifgebieten auch die volle.
Im Herbst 2024 und im Sommer 2025 steigen dann die monatlichen Entgelte.
- September / Oktober 2024 (je nach Tarifgebiet): 5 Prozent mehr Lohn und Gehalt
- Juni / Juli 2025 (je nach Tarifgebiet): 3 Prozent mehr Lohn und Gehalt.
In Thüringen und Sachsen kommen noch einmal ähnlich wie in Berlin und Brandenburg ein paar Prozente zur Angleichung an die Entgelte von Sachsen-Anhalt obendrauf.
Die Ausbildungsvergütungen erhöhen sich gleichermaßen jeweils zum Ausbildungsbeginn – je nach Tarifgebiet im August oder September.
Die Tarifverträge haben eine Laufzeit von 23 Monaten und können erstmals zum 31. Oktober 2025 gekündigt werden. Ab dann sind wieder weitere Entgelterhöhungen drin.
In Berlin-Brandenburg weicht der Tarifvertrag etwas deutlicher ab. Der bisherige Tarifvertrag lief noch bis zum 31. März. Die IAP gibt es in zwei Hälften im Mai und im August. Die Entgelte steigen im Januar 2025 um 6 Prozent, im September 2025 um weitere 3,9 Prozent. Die Laufzeit: 21 Monate bis zum 31. Dezember 2025.
Details zu den regionalen Verhandlungsergebnissen:
Niedersachsen/Bremen
Baden-Württemberg
Bayern
Rheinland-Pfalz
Sachsen-Anhalt
Westfalen-Lippe
Hamburg
Hessen
Thüringen
Sachsen
Berlin-Brandenburg
Über 14.000 Beschäftigte im Warnstreik
14.000 Beschäftigte in 126 Betrieben haben sich an 1.020 Aktionen und Warnstreiks für ihre Tarifabschluss engagiert. Das war notwendig, da es in der Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie (HVI) keinen sogenannten Pilotabschluss gibt, den dann die anderen Tarifgebiete übernehmen. Und noch mehr als früher wollten regionale Arbeitgeberverbände in ihren jeweiligen Tarifgebieten noch einmal Abschläge durchsetzen.
„Die Tarifbewegung war hart. Trotz wegweisender Tarifabschlüsse in Niedersachsen und Baden-Württemberg mussten wir in jedem einzelnen Tarifgebiet noch einmal kämpfen“, meint Brigitte Döth, die die Tarifpolitik der IG Metall in der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie bundesweit koordiniert. „Aber wir haben gezeigt, dass wir überall kampffähig sind. In vielen Betrieben waren die Beschäftigten zum ersten Mal zum Warnstreik draußen, erstmals auch in Sachsen.“
Gerade die Verhandlungen in Sachsen zeigen die Situation auf Arbeitgeberseite: Der Verhandlungsführer in Sachsen war derselbe wie in Niedersachsen. In Niedersachsen vereinbarte er mit der IG Metall Mitte Januar einen Tarifabschluss, der ihm dann aber in Sachsen zu teuer war, obwohl die Entgelte dort ohnehin schon hinterherhinken. Die Beschäftigten mussten Mitte Februar in den Warnstreik treten, um Druck für ihren Tarifabschluss zu machen. Am Ende holte die Verhandlungskommission der IG Metall sogar noch ein Extraplus von insgesamt 3,15 Prozent sowie überproportionale Erhöhungen für die Auszubildenden heraus.
Selbst im traditionell starken Tarifgebiet Westfalen-Lippe mit zahlreichen Möbelherstellern mussten die Beschäftigten mit zwei Warnstreikwellen Druck machen, um den Anschluss an die anderen Tarifgebiete zu halten. 600 warnstreikende Beschäftigte aus 12 Betrieben kamen zur Demo vor der vierten und entscheidenden Verhandlung in Herford.
Das sagen Betriebsräte in den Tarifkommissionen
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Stefan Eckmüller, Heyco, Tittling/Bayern
Es war die beeindruckendste HVI-Tarifrunde in Bayern, die es bisher gab. Schon bei der ersten Verhandlung waren 450 Kolleginnen und Kollegen. Zum Ende der Friedenspflicht kamen umliegende Betriebe zu einer Null-Uhr-Aktion vor unseren Toren. Der erste Warnstreik bei schlechtem Wetter war ein voller Erfolg - und der zweite zur Umsetzung bereit. Die Arbeitgeber merkten einfach, dass wir zum Äußersten gehen würden.
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Olaf Stender, Wilkhahn Wilkening + Hahne, Bad Münder/Niedersachsen
Ein Großteil der Arbeitgeber hat uns die durch die Politik geschaffene Möglichkeit der Inflationsausgleichsprämie verweigert. Das hat ordentlich Dampf auf den Kessel gedrückt. Die Kolleginnen und Kollegen haben nur darauf gewartet, das in Form von Warnstreiks den Arbeitgebern zurückzuzahlen. Ein absolutes Highlight war der Mitgliederbonus bei uns in Niedersachsen. Der wurde in meinem Betrieb regelrecht abgefeiert.
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Torsten Trzebiatowski, pronorm Einbauküchen, Vlotho/NRW
Die Belegschaft hatte hohe Erwartungen nach den großen Preissteigerungen. Die Arbeitgeber jedoch verweigerten ergebnisorientierte Verhandlungen und drohten mit Tarifaustritt. Trotz widriger Wetterbedingungen hatten wir eine hohe Teilnahme an zwei Warnstreiks und begleitenden Aktionen. Nur durch den Druck unserer Kolleginnen und Kollegen war ein gutes Ergebnis möglich, leider mit etwas zu langer Laufzeit.