12. April 2021
Tarifrunde Metall und Elektro 2021
Erklärt: Das bringt Dir der Metall-Tarifabschluss
Mit dem Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen hat die IG Metall ihre wesentlichen Ziele erreicht: Wir sichern Beschäftigung, gestalten Zukunft und stärken die Einkommen. Wir erklären die entscheidenden neuen Regelungen.

Beschäftigung sichern, Zukunft gestalten, Einkommen stärken. Mit diesen drei zentralen Forderungen ist die IG Metall in die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie gegangen. Mit dem Tarifabschluss in Nordrhein-Westfalen haben wir zu allen drei Punkten etwas erreicht.

Die Tarifverhandlungen in den anderen Tarifgebieten laufen noch, einige haben bereits die Regelungen aus Nordrhein-Westfalen übernommen – oder ähnliche Regelungen abgeschlossen.


Beschäftigung sichern

- neue Modelle zur Arbeitszeitabsenkung, 4-Tage-Woche
- bis zu drei Jahre Arbeitsplätze sicher

Wir sichern bis zu drei Jahre Arbeitsplätze im Betrieb, mit neuen Modellen zur Verkürzung der Arbeitszeit, etwa mit der 4-Tage-Woche, inklusive Teilentgeltausgleich.

Viele Betriebe stecken wegen Corona in der Krise. Dazu kommt die Transformation etwa durch Digitalisierung und Umstellung auf Elektroautos. Das kann Jahre dauern, in denen zu wenig Arbeit für alle Beschäftigten im Betrieb da ist. Von daher hat für viele Beschäftigte die Sicherung ihre Arbeitsplätze höchste Priorität. Das zeigte auch die Online-Befragung der IG Metall mit 250 000 Beschäftigten Ende 2020.

Unsere Lösung: Wenn nicht genug Arbeit für alle Beschäftigten im Betrieb da ist, dann verteilen wir die Arbeit besser, statt Beschäftigte zu entlassen - und zwar indem wir die Arbeitszeit vorübergehend verkürzen.

Unsere bisherigen Modelle haben nicht ausgereicht, um eine längere Transformation, etwa die Umstellung auf Elektroautos zu überbrücken. Kurzarbeit etwa ist ab 2022 wieder auf maximal ein Jahr begrenzt. Und unsere Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung ermöglichen zwar bereits eine Arbeitszeitverkürzung um fünf bis sechs Stunden in der Woche – unter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Das konnten wir jedoch nur für sechs Monate erzwingen.

Daher wollten wir neue Modelle, mit denen wir die Arbeitszeit länger absenken und dabei Entlassungen verhindern können.

Das haben wir jetzt mit unserem Tarifabschluss in NRW erreicht. Wir haben die 4-Tage-Woche:  Zur Bewältigung der Transformation kann die Arbeitszeit nun bis zu drei Jahre lang auf bis zu 32 Stunden in der Woche abgesenkt werden, auch in einzelnen Bereichen des Betriebs, vorzugsweise verteilt auf vier Tage in der Woche.

Betriebsbedingte Kündigungen sind während der Dauer der Arbeitszeitverkürzung ausgeschlossen. Die anderen Tarifgebiete haben die neuen Tarifregeln aus NRW übernommen – oder ähnliche Regelungen vereinbart. In Baden-Württemberg etwa ist auch eine Absenkung der Arbeitszeit bis auf 28 Stunden möglich, unbegrenzt.

Für das durch die Absenkung der Stunden ausfallende Entgelt gibt es einen Teilentgeltausgleich, um die Monatsentgelte stabil zu halten. (siehe Punkt weiter unten „Einkommen stärken“).

 

Zukunft gestalten

- Zukunftstarifverträge
- Betriebsrat und IG Metall können von sich aus Gespräche zur Zukunft fordern

Der Arbeitgeber bestimmt nicht mehr allein über unsere Zukunft. Wir haben nun das Recht, den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zukunft aufzufordern – zu Investitionen in den Standort, neue Arbeit und Qualifizierung.

Damit unsere Arbeitsplätze auch wirklich eine Zukunft haben, müssen unsere Betriebe investieren, in den Standort, in neue Produkte, in Technik, in Qualifizierung. Doch unsere Befragungen zeigen, dass die Hälfte der Betriebe keinen Plan für die Zukunft haben und zu wenig investieren.

Daher wollen wir in Zukunftstarifverträgen konkrete Pläne für die Zukunft im Betrieb vereinbaren. Bisher hat das meist erst dann geklappt, wenn der Betrieb bereits in der Krise war und der Arbeitgeber von sich aus auf uns zukam, um Kürzungen beim Personal und Tarifen mit uns auszuhandeln. Denn darüber, wie Geld investiert wird, entscheidet in unserem Wirtschaftssystem der Unternehmer.

Doch in unserem Tarifabschluss haben wir nun erreicht, dass wir selbst die Initiative ergreifen und den Arbeitgeber zu Gesprächen über die Zukunft auffordern können. So können wir früher als bisher eingreifen – und nicht erst, wenn die Krise schon da ist und abgebaut werden muss.

 

Einkommen stärken

- 500 Euro Corona-Prämie, 300 Euro für Auszubildende
- Transformationsgeld: neue jährliche Einmalzahlung, auch zur Beschäftigungssicherung

500 Euro Corona-Prämie netto im Juni, dann im Februar 2022 ein neues Transformationsgeld: 18,4 Prozent vom Monatsentgelt, ab Februar 2023 dann dauerhaft 27,6 Prozent, als neue jährliche Eimalzahlung. Das Transformationsgeld kann zur Beschäftigungssicherung auch in Zeit umgewandelt werden.

Viele Beschäftigte haben durch die Corona-Krise Geld verloren. Sie konnten weniger Geld ausgeben, was die Krise dann wiederum maßgeblich verstärkt hat. Daher wollten wir unbedingt die Einkommen stabilisieren, mit einer Erhöhung des Entgeltvolumens von 4 Prozent, das in Krisen auch als Teilentgeltausgleich bei Verkürzung der Arbeitszeit verwendet werden kann.

Das haben wir mit dem Tarifabschluss in NRW im Wesentlichen geschafft.

Im Juni gibt es erst mal 500 Euro Corona-Prämie netto, steuerfrei, für Auszubildende 300 Euro.

Im Februar 2022 gibt es dann 18,4 Prozent vom Monatsentgelt als Transformationsgeld oder T-Geld (in Baden-Württemberg „Transformationsbaustein“ oder „Trafobaustein“).

Ab Oktober 2022 kann die IG Metall dann wieder neue Entgelterhöhungen aushandeln.

Doch das Transformationsgeld bleibt dauerhaft. Ab Februar 2023 gibt es dann 27,6 vom Monatsentgelt, ab dann dauerhaft jedes Jahr, als neue jährliche Einmalzahlung.

Teilentgeltausgleich bei Arbeitszeitverkürzung: Alternativ kann das „T-Geld“ (oder Trafobaustein) auch in Freizeit umgewandelt werden, um zur Sicherung von Arbeitsplätzen die Arbeitszeit zu verkürzen. Dadurch werden Entgeltverluste bei Absenkung von Arbeitszeit teilweise ausgeglichen.

Auch die Arbeitgeber zahlen dazu. So sieht die neue Regelung aus dem Tarifabschluss in NRW aus: Dauert die Absenkung der Arbeitszeit länger als ein Jahr, dann zahlt der Arbeitgeber bei Absenkung auf 32 Stunden in der Woche einen Teilentgeltausgleich von 25 Prozent eines Stundenentgelts. Bei einer Arbeitszeitabsenkung von über zwei Jahren gibt es bei 33 Stunden einen Teilentgeltausgleich von 25 Prozent, bei 32 Stunden von 50 Prozent.

Neben dem Transformationsgeld können auch weitere Sonderzahlungen in den Teilentgeltausgleich fließen, etwa das tarifliche Zusatzgeld und das Urlaubsgeld. Damit kommen wir bei einer 4-Tage-Woche mit 32 Stunden Arbeitszeit auf gut 34 bezahlte Stunden.

In anderen Tarifgebieten hat die IG Metall ähnliche Regelungen ausgehandelt.

Die Arbeitsplätze sind damit gesichert – und dennoch bleibt das Monatsentgelt stabil. So können sich Beschäftigte die Arbeitszeitverkürzung auch über eine längere Zeit leisten.


Tarif auch für dual Studierende

- Zehntausende dual Studierende kommen erstmals in den Tarifvertrag
- Ausbildungsplätze und Übernahme gesichert

Bislang waren dual Studierende von Tarifverträgen ausgeschlossen. Nun kommen Zehntausende rein in den Tarif.

Dual Studierende lernen zugleich an der Hochschule und im Betrieb. 110 000 sind es mittlerweile bundesweit. Doch bislang waren sie in der Regel von unseren Tarifverträgen ausgeschlossen, da sie gesetzlich nicht als Auszubildende gelten.

Mit dem Tarifabschluss in Nordrhein-Westfalen ist nun klar: Für dual Studierende im ausbildungsintegrierenden dualen Studium, die zugleich auch einen klassischen Ausbildungsvertrag haben, gelten während der Ausbildung auch Tarifverträge – ohne Wenn und Aber. Damit gilt insbesondere die tarifliche Übernahme nach der Ausbildung.

Bis Ende September gibt es weitere Gespräche darüber, wie Tarifregelungen auf weitere dual Studierende, etwa im praxisintegrierenden Modell ausgedehnt werden können. IG Metall und Arbeitgeber in NRW empfehlen, dual Studierende nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen.

Die Modelle zum dualen Studium in den einzelnen Bundesländern sind sehr unterschiedlich. In vielen Tarifgebieten laufen noch Verhandlungen zu passenden Regelungen.

In Baden-Württemberg hat die IG Metall bereits die Tarifbedingungen für Auszubildende ab sofort auch auf rund 10000 Studierende der Dualen Hochschule (DHBW) ausgeweitet.

IG Metall und Arbeitgeber haben in NRW zudem eine gemeinsame Erklärung zur Bedeutung des Fachkräftenachwuchses abgegeben. So wollen die Sozialpartner die Ausbildungsbereitschaft in den Betrieben fördern. Die tarifliche Übernahme der Auszubildenden ist gesichert.

 

Durchbruch bei der Angleichung Ost geschafft

- IG Metall setzt tariflichen Rahmen zur Einführung der 35-Stunden-Woche im Osten durch
- Schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche in mehren Betrieben

Die 35-Stunden-Woche kommt nun auch im Osten. Der tarifliche Rahmen steht. Mit mehreren Unternehmen hat die IG Metall die schrittweise Einführung vereinbart.

Im Osten ist die IG Metall mit der Forderung angetreten, dass endlich die Arbeitsbedingungen schrittweise an den Westen angeglichen werden. 30 Jahre nach der Einheit arbeiten die Beschäftigten ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie immer noch drei Stunden länger als im Westen – nämlich 38 statt 35 Stunden in der Woche. Unbezahlt. Macht 8,5 Prozent weniger Entgelt in der Stunde. Jahrelang blockierten die Arbeitgeber eine Lösung.

Jetzt ist endlich der Durchbruch geschafft: Die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen hat Ende Juni mit den Arbeitgebern einen tariflichen Rahmen für betriebliche Lösungen zur Angleichung Ost ausgehandelt.Mit Volkswagen Sachsen, ZF, SAS und weiteren Betrieben erzielte die IG Metall Vereinbarungen, in denen verbindliche Stufenpläne für die Angleichung der Arbeitszeit festgelegt wurden. Die erste Stufe mit der Verkürzung der Arbeitszeit auf 37 Stunden beginnt dort am 1. Januar 2022. Am Ende des Angleichungsprozesses gilt ab 2027 im vollen Umfang das Tarifniveau der 35-Stunden-Woche, wie in Westdeutschland.

Die Verhandlungen mit weiteren Unternehmen laufen. 80 Prozent der Mitglieder der IG Metall in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie sind davon betroffen.

 

Was die Arbeitgeber durchgesetzt haben

- Verschiebung Zusatzbetrag (T-ZUG B) im Jahr 2021, Aussetzung bei unter 2,3 Prozent Nettorendite

Die Arbeitgeber wollten automatische Tarifkürzungen bei schlechten Kennzahlen, ohne IG Metall. Das haben wir weitgehend verhindert.

Auch die Arbeitgeber haben Punkte in den Verhandlungen gemacht. Der Zusatzbetrag des tariflichen Zusatzgelds (T-ZUG) von rund 400 Euro jährlich wird im Jahr 2021 wegen der Krise von Juli auf Oktober verschoben. Sinkt die Nettorendite des Betriebs durch eine Krise unter 2,3 Prozent vom Umsatz, dann kann der Arbeitgeber die Auszahlung des Zusatzbetrags (T-ZUG B) ausfallen lassen. Allerdings ist das der IG Metall anzuzeigen und nachzuweisen.

Das normale tarifliche Zusatzgeld (T-ZUG A) von 27,5 Prozent des Monatsentgelts ist davon nicht betroffen.

Automatische Tarifkürzungen auch weiterer Sonderzahlungen, die die Arbeitgeber gefordert hatten, sind vom Tisch. Ebenso hat die IG Metall in Baden-Württemberg die Streichung tariflicher Pausen und Schichtzuschläge sowie die Einschränkung der Alterssicherung abgewehrt.

Und natürlich haben wir nicht wie gefordert 4 Prozent mehr Volumen beim Entgelt bekommen. Das neue Transformationgeld entsprich rein rechnerisch auf die Monate umgeledt einem Volumen 2,3 Prozent. In Verhandlungen trifft man sich eben immer irgendwo in der Mitte.

 

Zum Pilot-Tarifabschluss haben uns viele Fragen erreicht. Diese werden wir in einem extra FAQ beantworten. Wenn auch Du eine Frage hast, kannst Du Dich an Deine IG Metall vor Ort wenden.


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