Ab Anfang Dezember gibt es Warnstreiks bei VW. Auch die dritte Tarifverhandlung zwischen IG Metall und Volkswagen AG brachte am Donnerstag keinen Durchbruch. Zwar ist der VW-Vorstand bereit, über das Konzept der IG Metall und des VW-Gesamtbetriebsrats zu verhandeln, das unter anderem Einsparungen bei den Arbeitskosten von 1,5 Milliarden Euro bringen würde. Doch weiterhin will der VW-Vorstand Standortschließungen und Massenentlassungen nicht ausschließen. VW fordert zudem eine pauschale Lohnkürzung von 10 Prozent sowie eine Nullrunde für die Tarifrunde 2024, die Streichung der monatlichen Tariflichen Zulage (167 Euro), die Abschaffung von Jubiläumsgratifikationen für langjährig Beschäftigte sowie eine massive Reduzierung der Ausbildungskapazitäten.
Daher hat die Tarifkommission der IG Metall bei VW unmittelbar nach der dritten Tarifverhandlung in Wolfsburg einstimmig für Warnstreiks ab Anfang Dezember gestimmt. Die Friedenspflicht endet am 30. November.
„Wir haben in den Tarifverhandlungen unser Gesamtkonzept erläutert und sind selbst in die Offensive gegangen. Das Unternehmen ist bereit, auf dieser Basis zu verhandeln, hält sich jedoch weiter die Möglichkeit von Werksschließungen und Massenentlassungen offen“, kritisiert der Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall, Thorsten Gröger. „Dies führt nun dazu, dass ein Arbeitskampf droht, den das Land in seiner Intensität lange nicht mehr gesehen haben könnte. Wir wollten diese Auseinandersetzung nicht, haben sogar umfassende Konzepte unsererseits am Verhandlungstisch präsentiert, die für uns bis an die Grenze des Machbaren gehen. Die Belegschaften an allen Standorten sind konfliktbereit. Wie lange und hart der Konflikt geführt werden muss, das hat Volkswagen am Verhandlungstisch in der Hand.“
Die Tarifverhandlungen in der Volkswagen Arena in Wolfsburg wurden von lautstarken Protesten begleitet. Rund 7000 Volkswagen-Beschäftigte versammelten sich in ihrer Freizeit oder während ihres Urlaubs, um gegen die Kahlschlagspläne des Vorstands und die in der zweiten Tarifverhandlung präsentierte „Giftliste“ von Lohnkürzungen zu demonstrieren.
Die VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo betonte zum Ende der Gespräche am Donnerstag: „Der Vorstand provoziert seit Wochen maximal mit historischen Tabubrüchen: Werksschließungen, Massenentlassungen, Tarifeinschnitte. Und trotzdem ist die Arbeitnehmerseite in die Offensive gegangen und hat dem Vorstand eine Kompromisslinie aufgezeigt. Es ist jetzt am Unternehmen, sich zu bewegen und auf die IG Metall zuzugehen. Ende November endet die Friedenspflicht – und es beginnt damit die Möglichkeit für die Belegschaft, dem Vorstand zu zeigen, dass sie bereit ist, für ihre berechtigten Forderungen auf die Straße zu gehen.“
Statt Kahlschlag schlagen IG Metall und VW-Gesamtbetriebsrat in ihrem Gesamtkonzept vor:
Die kommende Tariferhöhung bei VW soll befristet als Arbeitszeit in einen solidarischen Zukunftsfonds eingebracht werden soll. Darüber bekäme das Unternehmen ein Instrument, um bei Bedarf flexibel Arbeitszeiten abzusenken. Falls also durch den Strukturwandel in Produktion oder Verwaltung Unterauslastungen entstehen, würde der Fonds helfen, Personalabbau weiterhin sozialverträglich gestalten zu können.
Auch auf zwei Jahre wäre die Arbeitnehmerseite im Gegenzug für ein Gesamtpaket aus neuen Sicherheiten gesprächsbereit, über die Einbringung von Teilen der Ergebnisbeteiligung zu diskutieren. Teil des Gesamtplans der Arbeitnehmerseite bei Volkswagen muss dafür aber zwingend sein, dass sowohl die Vorstände, das Management und auch die Anteilseigner signifikante Einschnitte akzeptieren, um in die Zukunft des Automobilherstellers zu investieren. Zugleich erwartet die Gewerkschaft, dass Perspektiven für alle Standorte geschaffen werden und eine neue Beschäftigungssicherung aufgesetzt wird.
Klar ist: Vor Ende der Friedenspflicht am 30. November wird es keine Lösung für die Volkswagen-Beschäftigten geben. Die nächste Tarifverhandlung ist für den 9. Dezember terminiert. Bis dahin will die IG Metall ab Anfang Dezember mit Warnstreiks Druck machen. „Wir werden uns auf ein Eskalationsszenario ab Anfang Dezember vorbereiten“, macht Verhandlungsführer Gröger unmissverständlich deutlich. „Wenn nötig, dann wird es ein Arbeitskampf werden, den die Bundesrepublik so seit Jahrzehnten nicht erlebt hat.“
Der Haustarifvertrag bei VW gilt für die sechs Standorte der Volkswagen AG (Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter und Wolfsburg) sowie bei den VW-Töchtern Financial Services, Immobilien und der dx.one GmbH.
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