IG Metall und der Arbeitgeberverband sind am Donnerstag in Frankfurt zur ersten Tarifverhandlung der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie zusammengekommen und ergebnislos auseinandergegangen. Die Beschäftigten fordern 6,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro, um besonders die unteren Einkommen zu entlasten. Die Altersteilzeit soll fortgesetzt und mit mehr Plätzen tariflich gesichert werden. Außerdem sollen Gespräche über einen Mitgliederbonus stattfinden. „Mehr Geld und Entlastung! Das ist die Botschaft aus den Tarifkommissionen und Betrieben, die wir heute an die Arbeitgeber weitergegeben haben“, sagt IG Metall Verhandlungsführerin Miriam Bürger.
Die Arbeitgeber weisen diese Forderung als unverantwortlich zurück. „Diese Forderungen gehen aus unserer Sicht an der Realität vorbei“, betonte Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Markus Simon und verwies auf die schwierige wirtschaftliche Lage in der Textil- und Bekleidungsindustrie.
Die zentrale Verhandlungskommission der IG Metall und Verhandlungsführerin Miriam Bürger erkannten an, dass die wirtschaftliche Lage schwierig ist, wiesen aber auch darauf hin, dass die Situation in den Betrieben unterschiedlich ist. Dass die Forderung trotzdem angemessen ist, begründeten sie in der ersten Verhandlungsrunde. „Wir erleben zur Zeit einen Reallohnverlust, der dringend ausgeglichen werden muss“, betont Heike Lange, Mitglied der zentralen Verhandlungskommission. „Egal ob höhere Stromkosten oder die Spritpreise – das trifft nicht nur die Unternehmen, sondern auch uns Beschäftigte jeden Tag. Deswegen brauchen wir ein spürbares Plus.“
Nicht nur finanziell sind viele Beschäftigte der Textil- und Bekleidungsindustrie besonders betroffen, auch physisch durch den starken Fachkräftemangel und die häufige Schichtarbeit zeigen viele Beschäftigte die Notwendigkeit zur Entlastung auf. „Wir haben mehr Aufträge als wir abarbeiten können, weil uns die Leute fehlen“, sagt Thorsten Rotter, Mitglied der zentralen Verhandlungskommission. „Wenn sich Bewerber bei uns vorstellen, können wir diese selbst mit zusätzlichen Leistungen nicht an uns binden, weil andere einfach besser bezahlen. Da müssen wir dringend nachlegen.“
Zur Entlastung der älteren Belegschaft fordert die IG Metall nicht nur die Fortsetzung der tariflichen Altersteilzeit, sondern auch mehr Plätze pro Betrieb. Das unterstreicht auch Sabine Kühn, ebenfalls Mitglied der zentralen Verhandlungskommission: „Die Altersteilzeit reicht nicht aus. Und das obwohl sich diese ohnehin eher die Angestellten und nicht die Produktionsmitarbeiter leisten können.“
Entlastet werden sollen auch die Mitglieder der IG Metall. Warum, betont noch einmal Thorsten Rotter: „Wir brauchen dringend einen Mitgliederbonus. Wir haben eine Stagnation, was die Mitgliedergewinnung angeht. Die tariflichen Erhöhungen bekommen alle, wir müssen den Beschäftigten aber gerecht werden, die mit ihrem finanziellen und zeitlichen Einsatz dafür sorgen, dass es diese gibt.“
Am 25. Februar werden Arbeitgeber und IG Metall zur zweiten Verhandlung zusammenkommen. Dann endet auch die Friedenspflicht. Ab dem 1. März können Beschäftigte in den Warnstreik gehen. „Meine Kolleginnen und Kollegen haben mir den Auftrag gegeben, darzustellen, dass es eine vernünftige und notwendige Forderung ist. Wir stecken mitten in den Vorbereitungen, um unsere Forderungen lautstark auf die Straße zu bringen“, sagt Sabine Kühn, Betriebsratsvorsitzende bei der Konrad Hornschuch. Auch Miriam Bürger sagt, dass es jetzt gelte, zu den Forderungen zu stehen. Sie betont: „Ich freue mich auf eure Aktionen, damit wir mit voller Kraft und mit Rückenwind von unseren Beschäftigten in die nächste Tarifverhandlung starten.“