20. Mai 2020
Zusätzliche Sorgearbeit in Corona-Zeiten
Erwerbstätige Mütter tragen die Hauptlast
Frauen könnten als große Verliererinnen aus der Coronakrise hervorgehen, meint Professorin Lena Hipp. Die Arbeitszufriedenheit sinkt und alte Rollenbilder verstärken sich. Doch die Soziologin sieht Auswege.

Viele berufstätige Eltern mussten für die Kinderbetreuung Arbeitszeiten reduzieren. Welche Auswirkungen hat das auf Familien?

Lena Hipp: Bei vielen machen sich finanzielle Sorgen und Nöte breit. Das zeigt unsere Umfrage zum Corona-Alltag deutlich. Familien, die große Verluste erleiden, brauchen daher unbedingt bessere Unterstützung. Vielen Eltern wäre natürlich schon damit geholfen, wenn Kitas und Schulen wieder ganz geöffnet sind. Die Gesundheit der Kinder darf dann aber nicht gefährdet sein.


Wer löst die Vereinbarkeitsprobleme, die durch geschlossene Kitas und Schulen entstanden?

Überwiegend Frauen. Es ist auch meine Befürchtung, dass sie als große Verliererinnen aus der Corona-Krise hervorgehen. Frauen verbringen ja generell schon mehr Zeit mit Familien- und Hausarbeit. Unsere Daten zeigen, dass sich das jetzt in der Krise noch zuspitzt. Es sind vor allem Frauen, die ihre Arbeitszeit im Beruf reduzieren oder sogar ganz aussetzen, um Kinder zu betreuen.

 

Prof. Dr. Lena Hipp analysiert am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), welche Auswirkungen die Coronapandemie auf Arbeit und Familienleben hat. (Foto: David Ausserhofer)


Wozu führt diese Entwicklung?

Die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner nimmt zu. Alte Rollenbilder verstärken sich wieder. Im Vergleich zu Vätern ist bei Müttern die Lebenszufriedenheit seit Beginn der Krise deutlich abgesunken.


Rückt die Gleichberechtigung also in weitere Ferne?

Darauf deuten die Ergebnisse unserer Studie hin. Ungleiche Repräsentation von Frauen und Männern in Führungspositionen, ungleiche Bezahlung sogenannter Frauen- und Männerberufe, ja selbst bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation – diese Unterschiede waren schon vor der Krise da. Jetzt könnten sie sich aber noch weiter vergrößern.


Was lässt sich dagegen tun?

Männer und Frauen müssen Haus- und Familienarbeiten gerechter aufteilen können. Dafür braucht es geeignete Unterstützungsmaßnahmen. Außerdem müssen systemrelevante Berufe, in denen ja auch überwiegend Frauen arbeiten, besser bezahlt werden. Gefragt sind auch spezielle Förderprogramme, damit Frauen gleiche Chancen auf Führungspositionen bekommen.


Hier geht es zu den Umfrageergebnissen des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung


Corona-Krise

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