Jan Otto: Wir arbeiten noch deutlich mehr als sonst. Gerade jetzt in der Corona-Krise brauchen uns unsere Mitglieder. Wir beraten teilweise rund um die Uhr, schützen Gesundheit in den Betrieben und sichern mehr Geld für Kurzarbeiter. Die Unsicherheit ist groß, wir haben deutlich mehr Kontakte als in normalen Zeiten, nur halt über andere Wege. In den Betrieben und im Büro sind wir natürlich deutlich seltener, dafür läuft umso mehr über Telefon- und Videokonferenzen. Wir sind alle in Abstimmung jeweils für eine bestimmte Zeit ständig erreichbar. Und fast täglich publizieren wir neue Podcasts in den sozialen Medien, zu denen uns die Beschäftigten Fragen stellen.
Oft geht es dabei um Kurzarbeit und Rechtschutz. Ein Großteil der Arbeitgeber verhält sich zwar fair in der Corona-Krise, doch in Betrieben ohne Betriebsrat sieht es oft düster aus. Da knallt der Arbeitgeber den Beschäftigten einfach den Zettel zur Kurzarbeit hin: So wird das jetzt gemacht. Ab morgen. Unterschreib! Eine Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld gibt es schon mal gar nicht. Ein Betrieb hat seine Beschäftigten offiziell auf Kurzarbeit gesetzt, obwohl sie noch voll arbeiten, zu 40 Prozent weniger Geld. Ohne Betriebsrat und IG Metall werden sämtliche Risiken einfach auf die Arbeitnehmer abgewälzt.
Dort, wo wir stark sind durch viele Mitglieder und gute Betriebsräte, schaffen wir auch gute Lösungen. Bei der Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld etwa lassen wir nicht locker und haben in den meisten Betrieben Regelungen durchgesetzt, mindestens aber schaffen wir Härtefallfonds. Und wir tragen unsere Forderungen in die Medien. Die Last der Corona-Krise darf nicht an den Arbeitnehmern hängenbleiben.
Beschäftigte in Betrieben mit Betriebsrat, IG Metall und Tarifvertrag sind deutlich besser dran, als Beschäftigte ohne Tarif, die sowieso schon weniger verdienen – und dann auch noch um 40 Prozent herunterfallen. Unsere Mitglieder sehen das – und was wir für sie jetzt gerade leisten. Sie erhalten kompetente Antworten und sie vertrauen uns. Das ist wichtig, auch für die Zukunft nach Corona.
Wir müssen einiges am System hinterfragen: an der Globalisierung und der Verlagerung von Produkten, die bei uns dann weg sind. An den Lieferketten und der Just-in-Time-Produktion, bei der von heute auf morgen die Arbeit ausgeht. Dazu brauchen wir eine starke IG Metall. Stark sind wir dann nur, wenn wir jetzt in der Corona-Krise wirklich zeigen, dass wir „systemrelevant“ sind.
Ja, leider nicht. Wir haben zwar gerade rund um die Uhr Arbeit mit der Corona-Krise, aber unsere Kinder müssen wir zum Beispiel selbst betreuen. Fast alle bei uns in der IG Metall-Geschäftsstelle sind Eltern. Meine Kinder sind drei und sechs Jahre alt. Ich wechsele mich mit meiner Frau im Home Office bei der Kinderbetreuung ab. Dann wird es eben mal lauter im Hintergrund während der Telefonkonferenz – oder ich muss mal kurz unterbrechen. Aber so ist das – denn wir als IG Metall sind nun einmal auch ein Spiegel der Gesellschaft. Und das ist gut so!